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Donau-Ausbau ohne Stau

Bayerns Naturschützer und eine ganze Region setzen sich gegen die Binnenschifferlobby und Edmund Stoiber durch: Zwischen Straubing und Vilshofen wird die Donau nun doch nicht gestaut

BERLIN taz ■ Für Bayerns Naturschützer war gestern ein Freudentag. „Ich werde gleich an die Donau gehen“, erzählt Hubert Weinzierl der taz, „und mich freuen, dass sie weiterfließen darf.“ Seit 22 Jahren kämpft der Straubinger und Vorsitzende des Bund Naturschutz gegen Stauung und Kanalisierung der Donau: „Ich liebe diesen Fluss.“ Weinzierl spricht gar von einem „zweiten Wackersdorf“.

Gestern endlich kam der Erfolg. Die Fraktionsspitzen der rot-grünen Koalition entschieden sich für einen sanften Ausbau. Gegen den Wunsch des bayerischen Minsterpräsidenten Edmund Stoiber (CSU).

Es geht um die verbliebenen 70 Kilometer natürlich fließende Donau zwischen Straubing und Vilshofen: Für Naturschützer ist es der „bayerische Amazonas“, für die Landesregierung ein „Nadelöhr zwischen Schwarzem Meer und Nordsee“ auf der Verbindung von Rhein, Main und Donau. Sie möchte auf 2,50 Meter Tiefe aufstauen, um allen Schiffen ganzjährig genug Wasser unterm Kiel zu sichern.

Vier Ausbauvarianten wurden geprüft: vom vergleichsweise schonenden Buhnen-Bau für 130 Millionen Euro (Variante A) über die von Bayern favorisierte Variante C mit einer Staustufe für 270 Millionen Euro bis hin zu drei Staustufen (Variante D). Ursprünglich hatte Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) die Entscheidung weiterverschieben wollen – aus Rücksicht auf seine Partei: Während die bayerische Landesgruppe für Variante A plädierte, forderten Verkehrspolitiker den massiven Ausbau.

Doch die Grünen drängten und schlugen eine Anhörung vor. Deren Ergebnis war so eindeutig, dass die SPD-Fraktion nun auf Variante A einschwenkte: Denn auch aus rechtlichen Gründen ist eine Stauung problematisch, weil das Gebiet als ökologisch wertvolles Flora-Fauna-Habitat-Gebiet in Brüssel gemeldet ist. Zudem hatte der Bund Naturschutz vorsorglich Grundstücke an der Donau erworben, um zur Not „bis zum Europäischen Gerichtshof zu klagen“, wie Hubert Weinzierl regelmäßig drohte. Doch die Verkehrspolitiker sind an einer schnellen Lösung interessiert. So kann sich Weinzierl nun freuen über die „positivste Entscheidung von Rot-Grün für den Naturschutz“.

Würde man die Donau stauen, flösse sie nur noch langsam: Die Ufer verschlickten, das Wasser könnte kaum Sauerstoff aufnehmen, seltene Fischarten wie Zingel oder Streber verschwänden und die Auenwälder würden an vielen Stellen ersaufen. Die Buhnen in der Variante A muss man sich nun als Nasen aus Geröll vorstellen, die von beiden Seiten in den Fluss ragen und die Strömung auf die Mitte konzentrieren: Dadurch entsteht eine tiefere Fahrrinne auch ohne Stau. Doch die bayerische Regierung pocht auf eine alte Vereinbarung mit dem Bund: Der stehe für Staustufen im Wort. Dem widerspricht der grüne Verkehrspolitiker Albert Schmidt. Die Vertragslage schreibe das Wie des Ausbaus nicht vor. Nun will Bayern notfalls klagen. MATTHIAS URBACH

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