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Die nächste Krise kommt bestimmt

Linke Wirtschaftswissenschaftler warnen davor, den „fragilen Aufschwung“ in den USA überzubewerten. Es sei unsicher, wie weit er die Weltwirtschaft aus der Krise ziehen könne. Gerade in Deutschland sei eine eigene makroökonomische Politik gefragt

aus Berlin BEATE WILLMS

Krise, Delle oder Weg in die Depression? Muss man das noch fragen, nachdem US-Notenbankchef Alan Greenspan in der vergangenen Woche erklärt hat, dass sich die Wirtschaft in den USA „bald erholen“ werde? Aber ja, lautete die Anwort linker Wirtschaftswissenschaftler, die am Wochenende zur Berliner Volksuni zusammenkamen. Bereits jetzt sei absehbar, dass der Aufschwung in den USA „ausgesprochen fragil“ sei. Erst recht könne die Bundesregierung jetzt nicht darauf hoffen, dass sich ihre Probleme etwa bei der Beschäftigung von selbst lösten.

Der Grund für den Pessimismus: Die USA hätten sich ihre führende Rolle in der Weltwirtschaft „vor allem dadurch erarbeitet …, dass sie permanent über ihre Verhältnisse lebten“, wie es der Göttinger Ökonom Ingo Schmidt, Mitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, zusammenfasste. Die konkreten Zahlen steuerte der britische Ökonom Trevor Evans von der Berliner Fachhochschule für Wirtschaft bei: Von Mitte der Neunzigerjahre bis Ende 2001 seien beispielsweise die Verbindlichkeiten der US-Unternehmen von 36 auf 47 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen. Wenige Jahre zuvor habe Greenspan noch 42 Prozent als „gefährlich für die Volkswirtschaft“ bezeichnet. Ausgegeben wurde das Geld vor allem für massive Überinvestitionen. So verschuldeten sich die Konzerne mit gut 600 Milliarden US-Dollar, indem sie Glasfaserkabel verlegten, von denen sich heute fast 90 Prozent als überflüssig erwiesen haben. „Dagegen sind die Auswirkungen des 11. September relativ gering“, sagte Evans. Während ausländische Investitionen zumindest bis Mitte 2000 stetig gestiegen seien, seien die ohnehin viel geringeren US-Investitionen im Ausland schon lange rückläufig.

Mit all diesen Problemen könne der Aufschwung nur relativ schwach und wenig nachhaltig bleiben, zumal auch der wieder leicht gestiegene private Konsum vor allem durch die niedrigen Zinsen und Rabatte der Automobilkonzerne entstehe.

Eine weitere Unsicherheit sah Schmidt in der Gefahr einer von Japan ausgehenden Deflation. Im Weltdurchschnitt sei die Inflationsrate niedrig wie nie seit 1929. Auch nach der akuten Krise könne der Abbau der Überkapazitäten und ein intensivierter internationaler Wettbewerb zu einer importierten Deflation in anderen Teilen der Welt führen, zumal nach Japan auch schon Hongkong, Singapur und Taiwan betroffen seien und weitere Länder kurz davor stünden.

Vor diesem Hintergrund, so Achim Truger, finanzpolitischer Experte des Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Instituts in Düsseldorf, könne sich Deutschland nicht allein auf die USA verlassen. Bereits vor der aktuellen Krise habe das Wirtschaftswachstum hinter dem von Frankreich, Großbritannien oder den USA gelegen. Den Hauptgrund sah er in der „wenig makroökonomisch orientierten Politik der Bundesregierung“. Rot-Grün fahre hier keinen entscheidend anderen Kurs als die Vorgängerregierung. Um handlungsfähig zu werden, brauche sie jedoch mehr Einnahmen. Dabei hätte es schon gereicht, die Unternehmenssteuern nicht zu senken – allein im Jahr 2001 werde die Reform statt der bisherigen Einnahmen von rund 40 Milliarden Mark ein Minus einbringen. „Auch jetzt noch wäre es gut, die nächste Stufe ausfallen zu lassen.“

Letztlich voran komme man in Deutschland aber nur, da waren sich die Ökonomen einig, in dem man sowohl die Vermögens- als auch die Erbschaftssteuer noch einmal angehe. Innerhalb der Europäischen Union müsse man die Stabilitätskriterien auf den Prüfstand stellen.

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