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Einfach nur königlich

Real Madrid gilt als „der beste Club des 20. Jahrhunderts“, was durch 45 nationale sowie 12 internationale Titel durchaus bewiesen wird. Heute begeht der Verein seinen 100. Geburtstag

aus Madrid REINER WANDLER

Wenn heute Abend in Madrid das Pokalendspiel zwischen Real Madrid und Deportivo de La Coruña abgepfiffen wird, knallen bei den Hauptstädtern die Sektkorken – ganz egal, ob sie gewinnen oder nicht. Denn die „Königlichen“ feiern Geburtstag – ihren hundertsten. Konzerte, Freundschaftsspiele gegen Mexiko und Japan, Sportkongresse, Fußballturniere für den Nachwuchs – die nächsten Monate kleidet sich Spanien in Weiß. Und am 6. Dezember, dem internationalen Tag des Fußballs, spielt Real gegen eine Weltauswahl, und der Fußball-Weltverband Fifa höchstselbst beschloss, dass an diesem Tag überall sonst auf der Welt der Ball ruht. Dann, zum Abschluss der Dauerfete, treten die Weißen den endgültigen Höhenflug an: Der neueste spanische Kommunikationssatellit Hispasat wird das Wappen von Real Madrid tragen.

Das ist zweifelsohne ein symbolträchtiges Programm, aber schließlich feiert da ja auch nicht irgendein Verein sein 100-jähriges Bestehen, sondern der laut Fifa „beste Club des 20. Jahrhunderts“. Real gewann 28-mal die spanische Meisterschaft, 17-mal den Pokal, dazu acht Landesmeisterpokale, zwei Uefa-Cups – und zweimal schwangen sich die Weißen im interkontinentalen Vergleich zum weltbesten Club auf. Die laufende Saison soll die Erfolgsliste krönen: „Wir sind in der Lage, alle drei Titel zu holen“, sagt Präsident Florentino Pérez.

Heute geht es um den Pokal, in der Liga steht Real hinter Valencia auf Rang zwei, und in der Champions League ist der Einzug ins Viertelfinale bereits vollbracht. „Wem Fußball gefällt, der muss zugeben, dass Real Madrid im Jubiläumsjahr eine hervorragende Mannschaft hat“, muss selbst der bekannte Krimiautor und eingefleischte Fan des Erzrivalen FC Barcelona, Manuel Vázquez Montalbán, eingestehen. „Es gibt keinen Verteidiger, der besser nach vorn spielt als Roberto Carlos, Figo ist ein Strategie-Genie, Zidane der kompletteste Spieler Europas und Raúl der Fußballinstinkt in Person“, kommt Montalbán ins Schwärmen. Doch Real lebte schon immer von großen Namen: Di Stefano, Puskas, Butragueño, Netzer, Breitner, Hugo Sánchez, Schuster, Mijatovic – die Liste ließe sich ewig lange fortsetzen.

Knapp jeder dritte Spanier bekennt seine Sympathien für Real Madrid, 100 Millionen Anhänger zählt der Club weltweit. Und wer nicht für die Weißen ist, der ist aus ganzem Herzen gegen sie. Fast schon religiöse Verehrung oder ebenso tief empfundene Ablehnung – der Mythos von Real lebt von Gräben. Als im Vorfeld des 100. Geburtstages König Juan Carlos den Vereinsvorstand empfing und Regierungschef José María Aznar seine Sympathien für die Ballkunst der Weißen bekundete, waren sich wieder alle einig: Real ist und bleibt der Club des Regimes. Und wieder war die Rede von den Jahren der Diktatur, als Sportfeste am 1. Mai das Real-Stadion füllten und die Franco-Porträts an der Tribüne prangten.

Die Fans sehen das freilich anders: Für sie ist Real ein zutiefst demokratischer Club. Schließlich ließ General Franco, als er an die Macht kam, den damaligen Vereinspräsidenten Sánchez Guerra, überzeugter Anhänger der gestürzten Republik, ins Gefängnis werfen – und so mancher Spieler trat den Weg ins lateinamerikanische Exil an. Der dadurch erheblich geschwächte Verein weigerte sich dennoch standhaft, zum offiziellen Club der faschistischen Luftwaffe zu werden. Diesen Beinamen nahm stattdessen die andere hauptstädtische Elf, Atlético, an.

Die Spiele der Weißen sind heute wie damals nicht nur in Madrid ein Straßenfeger. Und dennoch wandelt der Club, der bis heute als einer der wenigen in Spaniens Primera División am Vereinsstatus festhält, statt sich in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, den größten Teil seiner Geschichte am finanziellen Abgrund: 278 Millionen Euro Schulden wiesen die Bücher bis vor kurzem aus. Doch jetzt soll alles besser werden, denn dem im Sommer 2000 gewählten Club-Präsidenten Florentino Pérez gelang ein Immobiliencoup: Real verkauft sein zentral gelegenes Trainingsgelände an die Stadt Madrid und baut sich ein neues außerhalb. Der Überschuss tilgt auf einen Schlag die Schulden.

Um nicht schon bald wieder ans Eingemachte gehen zu müssen, will Pérez Real zur „weltweite Marke“ machen. Offizielle Produkte, Fernsehrechte und die Werbeverträge der Spieler werden dazu künftig direkt vom Verein vermarktet. Denn: „Es gibt nichts Besseres, als einen teuren Star zu engagieren. In drei, vier Jahren amortisiert sich die Ausgabe“, erklärt Pérez. Die vollen Kassen sollen den Fans „die Essenz unseres Clubs“ zurückgeben. Wie einst unter dem wohl erfolgreichsten Präsidenten, Santiago Bernabeu, soll mindestens ein neuer Weltstar pro Saison geholt werden. In der letzten war es Luis Figo, der für 60 Millionen Euro kam, in dieser Zinedine Zidane, der 70 Millionen kostete. Real Madrid nennt damit die zwei teuersten Spieler der Fußballgeschichte sein Eigen. „Vom besten Club des 20. zum besten des 21. Jahrhunderts“, skizziert Präsident Pérez, wie er sich die Zukunft des Geburtstagsskindes vorstellt.

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