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Selbstverständliche Information

betr.: „Gefallen für Scharping“, taz vom 9. 3. 02

Momentan wird die Informationspolitik der Bundeswehr verniedlicht, auch im Kommentar von Bettina Gaus zum „ Geheimnisverrat“ der PDS. Für mich steht fest, dass ein stiller Krieg in Afghanistan stattfindet, an dem die Bundeswehr beteiligt ist und von dem man kaum etwas erfährt. So gesehen wird dieser Krieg im gewissen Sinn an der Öffentlichkeit vorbeigeführt. Ich denke, das ist für uns alle bedenklich und gefährlich.

Einem Volk, das nicht informiert wird, kann man alles verkaufen. Eigentlich waren die Taliban, nach der Informationspolitik der Amerikaner via CNN zu urteilen, schon besiegt, und auch in der deutschen Presse war zu lesen, dass die Taliban besiegt seien. Es sah nach einem üblichen antiseptischen Krieg aus, wie er uns schon während des Golfkrieges mediengerecht vorgesetzt und präsentiert wurde, und im Hinblick auf Afghanistan redeten sogar Künstler und Philosophen von einem sauberen und guten Krieg. Nun tauchen die Taliban wieder auf, und alles, was in unseren Zeitungen stand, scheint Makulatur. Kaum zu glauben, dass es kaum Proteste aus der grünen Partei zu diesen Vorgängen gibt. Claudia Roth äußerte sich zu Afghanistan bei einer Wahlveranstaltung in Halle im Turm nur am Rande. Mich würde interessieren: Sind die toten Bundeswehrsoldaten Gefallene oder Unglücksopfer? Spannend wird vor allem sein, wie das grüne Lager in Zukunft die Situation verkauft. ULRICH WAHL, Ehningen

Kein denkender Bürger, Leser oder Journalist, fordert von Scharping & Co. die Bekanntgabe von Ort und Zeit der jeweiligen Einsätze deutscher Spezialkräfte. Aber: Jeder noch nicht strammstehende oder erschlaffte Bürger dieses so genannten demokratischen Landes fordert mehr als zu Recht die selbstverständliche Information von der Bundesregierung über Einsatzziel, Einsatzland und Oberkommando aller Aktionen. Insbesondere auch die Klärung der Frage, ob deutsche Soldaten gefangene Al-Qaida-Kämpfer den USA zur (potenziellen) Hinrichtung übergeben oder nicht.

[…] Maximale Transparenz nicht nur für eine Hand voll auserwählter Abgeordnete, sondern für die breite öffentliche Meinungsbildung – bei gleichzeitig leicht möglichem Schutz für die Soldaten – ist Vorausetzung von Demokratie. […] Wenn in den letzten 60 und mehr Jahren was nach außen drang, stellte sich überwiegend heraus, dass es fast immer mehr um den Schutz politischer Köpfe und deren Versuch, sich anderen Beurteilungen (und damit ihrer Verantwortung) zu entziehen ging, als um den Schutz handelnder Untergebener. Was auch immer die Motive der PDS waren oder sind, staatstragender Patriotismus gegenüber Geheimniskrämern und Verantwortungslosen ist hier völlig fehl am Platze! Es ist vor allem eine Seuche des deutschen Journalismus (wie vieler Politiker), sich vermeintlich sprudelnde Informationsquellen durch permanenten Opportunismus offen zu halten. Informationsfreigabe als Gnadenakt der Regierung zeigt das Elend der nicht hinterfragbaren Entscheidungs-Un-Kultur. Geheimnisse – die keine Menschen gefährden – auszuplaudern, ist zutiefst demokratisch. LUKAS LOGONO, Köln

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