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Arbeitsämter bekommen Konkurrenz

Bundestag beschließt heute Reform der Arbeitsvermittlung. Ab April gibt’s Gutscheine für Privat-Jobsuche

BERLIN taz ■ Die Welt der Arbeitslosen wird sich in Deutschland verändern. Denn heute verabschiedet der Bundestag ein Gesetzeswerk, das die Arbeitsämter reformiert und am 1. April in Kraft tritt. Wichtigste Neuerung: Erwerbslose können Privatvermittler einschalten, um sich einen Job zu suchen.

Wer noch keine drei Monate arbeitslos ist, muss das Vermittlungshonorar allerdings selbst tragen. Es darf 1.500 Euro nicht überschreiten. Dauert die Erwerbslosigkeit schon zwischen drei und sechs Monate an, vergibt das Arbeitsamt einen Vermittlungsgutschein im Wert von 1.500 Euro. Dieser Satz wird ab dem siebten Monat auf 2.000 Euro, ab dem zehnten Monat auf 2.500 Euro erhöht. Allerdings erhält diese Gutscheine nur, wer Arbeitslosengeld bekommt. Wer über keinen Leistungsanspruch verfügt, muss für einen Privatvermittler selbst ein Honorar entrichten, das ab dem vierten Monat Arbeitslosigkeit 2.500 Euro nicht übersteigen darf. Gezahlt wird stets nur für eine geglückte Vermittlung.

Die Gutscheine werden erst ab dem vierten Monat ausgegeben, um „Mitnahmeeffekte“ zu verhindern – denn im ersten Vierteljahr finden etwa 40 Prozent der Erwerbslosen wieder eine neue Stelle.

Parallel zur Privatvermittlung müssen aber auch die Arbeitsämter weiterhin nach Jobs suchen. Arbeitsminister Walter Riester verspricht sich davon „einen verschärften Wettbewerb“ zwischen Privatanbietern und Behörden. Nicht durchsetzen konnte sich Riester mit der Idee, dass auch die Arbeitslosen den Vermittlern ein Erfolgshonorar bis zum Zweieinhalbfachen ihres neuen Bruttolohnes zahlen dürfen. Besonders die Gewerkschaften fürchteten, dass dadurch eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ unter den Erwerbslosen entsteht – die einen mit Ersparnissen für die Vermittlung, die anderen ohne.

Zusätzliche Haushaltsmittel gibt es für die Reform nicht; sie muss sich selbst finanzieren. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Thea Dückert, ist optimistisch, dass dies gelingt. „Schließlich erhält jeder zusätzlich vermittelte Erwerbslose kein Arbeitslosengeld mehr.“ Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hingegen prognostiziert, dass die „Privatisierung der Arbeitsvermittlung nur begrenzt weiterhilft“. Gleichzeitig wird vor „Missbrauch“ gewarnt – etwa durch Absprachen zwischen Arbeitssuchenden und Privatvermittlern.

Und so verändert sich die Welt der Arbeitslosen vielleicht doch nur im Gesetz. ULRIKE HERRMANN

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