: Off-Kino ins Multiplex
Kultursenator Flierl setzt sich dafür ein, dass die Betreiber des Balázs den Zuschlag für das Kino in der Kulturbrauerei bekommen. Das Problem ist nur, dass sich die TLG bereits anders entschieden hat
von UWE RADA
„Berlin is in Germany“ im großen Saal, dazwischen amerikanische Filme, jede Menge Diskussionen, Events und Open Air? So schön könnte Kino in der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg sein, wenn … ja wenn sich die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft (TLG) für ein solches Konzept erwärmen könnte.
Hätte, könnte, wenn. Trotz aller Konjunktive ist das gar nicht so abwegig. Schon lange vor der Eröffnung des Multiplex-Kinos in der Kulturbrauerei hatten Kritiker vor einem Scheitern gewarnt. Der Grund: Mit dem Collosseum sei ein Großkino nur wenige hundert Meter entfernt am Markt und mit dem Cubix am Alex ein weiteres geplant. Letzteres ist nun in Betrieb, und die Prophezeiung hat sich erfüllt. Mit den Village Cinemas ist nun schon der zweite Betreiber in der ehemaligen Schultheiss-Brauerei am Ende, und die TLG hätte die Chance …
Hätte. Seit einiger Zeit liegt der TLG ein Angebot der Betreiber des Kinos Balázs vor. „Das Kino in der Kulturbrauerei als permanentes Filmfestival“ ist es überschrieben und geizt auch sonst nicht mit allerlei Anspruch. „Gezeigt werden soll nicht nur der übliche Mainstream“, sagt Balázs-Betreiber Timothy Grossmann, „sondern eine Mischung, dies es bisher noch nicht gibt, zum Beispiel von amerikanischen Filmen und unabhängigem Berlin-Film.“ Doch das Programm ist noch nicht alles. Grossmann will in die Kulturbrauerei auch Filmfestivals holen, Regisseure zur Diskussion stellen, mit einem Wort: „das aufregendste Kino der Hauptstadt werden“.
Das unterscheidet Grossmann und seinen Kompagnon Tobias Hackel von der Ufa in Düsseldorf. Das Problem ist nur: Die Ufa will auch in die Kulturbrauerei. Zwar nicht mit dem üblichen Multiplex-Einheitsbräu, sondern mit einem „Arthaus“-Konzept, aber eben doch mit weitaus mehr Kapital als die beiden Off-Kino-Betreiber. Und das noch größere Problem ist: Die TLG hat sich vergangene Woche für die Ufa entschieden. „Dieser Ort“, ärgert sich Timothy Grossmann, „wäre ideal geignet dafür, zu zeigen, dass es auch anders geht.“
Wäre. Wahrscheinlich wäre schon alles gelaufen, gäbe es da nicht diesen Brief des Kultursenators. Das Konzept der beiden Balázs-Betreiber, schreibt Thomas Flierl an die TLG, „hat mich außerordentlich überzeugt“. Die Bewohner von Prenzlauer Berg und die Touristen, so Flierl, „erwarten an dieser Stelle nicht das übliche konfektionierte Kulturangebot, sondern etwas Besonderes“. Flierl bittet deshalb TLG-Geschäftsführer Adams, „die Entscheidung noch einmal zu überdenken“.
Adams selbst war gestern nicht zu sprechen, und auch der Kultursenator weilte den ganzen Tag über im Senatsgästehaus, um wenigstens einen Teil der Berliner Kultur vor Finanzsenator Thilo Sarrazin in Deckung zu bringen. Vielleicht hat er mit Sarrazin aber auch über die Kulturbrauerei gesprochen, deren Geschicke Sarrazin einst selbst als TLG-Chef lenkte, just in jener Zeit, in der für die alte Schultheiss-Brauerei ein überflüssiges Multiplex-Kino geplant wurde – und zwar als kommerzieller Magnet für die gesamte Treuhand-Investition. Zu wünschen wäre dem Kultursenator ein solch symbolischer Erfolg allemal.
Und zu wünschen wäre er auch der Kulturbrauerei, trotz aller Hätte, Wäre und Wenns. Sowohl die vom Senat geförderte gemeinnützige Kulturbrauerei als auch die von der TLG kommerziell betriebene Kulturbrauerei sind in der Vergangenheit in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Und beide wissen, dass eine gemeinsame Vermarktung des Standorts unausweichlich ist. Doch die ist mit einem von der Ufa konzipierten Kinoprogramm wohl weitaus schwieriger zu haben als mit den Balázs-Betreibern. Die meinen nämlich in ihrem Konzept: „Das Kino in der Kulturbrauerei möchte alle kulturellen Ingredienzien der ortsansässigen Partner nutzen und aufgreifen.“
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