: Patentgesetz fördert Biopiraterie
Bundestag soll Biopatentgesetz nicht verabschieden, fordern gemeinsam Bundesärztekammer, Greenpeace und Misereor. Patente auf Leben seien ethisch nicht vertretbar und schaden Wirtschaft und Medizinforschung
BERLIN taz ■ Für Gene, Organismen und Teile des Menschen müsse es ein Patentverbot geben. Mit dieser gemeinsamen Forderung gingen gestern in Berlin die Umweltorganisation Greenpeace, die Bundesärztekammer (BÄK) und die katholischen Entwicklungsorganisation Misereor an die Öffentlichkeit. Sprecher der drei Organisationen forderten den Bundestag auf, die umstrittene EU-Biopatentrichtlinie nicht in deutsches Recht umzusetzen. Das Parlament solle dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf für ein Biopatentgesetz seine Zustimmung verweigern und eine Neuverhandlung der seit Jahren schon umstrittenen Richtlinie in Brüssel einfordern. Bisher sahen die Planungen vor, dass noch diese Woche über das Patentgesetz im Bundestag abgestimmt wird.
Sowohl die Richtlinie als auch der Gesetzentwurf erlauben nicht nur die Patentierung von Pflanzen, Tieren oder Bakterien, kritisierte Greenpeace-Sprecher Christoph Then. Sie erlaube auch exklusive Verwertungsrechte für Teile des Menschen – etwa für Gene oder Organe. Diese Patente sind nach Ansicht der drei Organisationen „ethisch nicht zu verantworten“. Zudem hätten sie gravierende Folgen sowohl für die Medizinforschung als auch für die Ernährungssicherheit in Entwicklungsländern.
Die Richtlinie fördere die internationale „Biopiraterie“, warnte Bernd Nilles von Misereor, „genetische und biologische Ressourcen“ dürften ohne Zustimmung der Herkunftsländer oder der lokalen Gemeinschaften, die die Ressourcen bisher züchteten oder pflegten, patentiert und genutzt werden“. Damit werde einer weiteren „Ausbeutung für die Entwicklungsländer wirtschaftlich bedeutender Ressourcen“ der Weg geebnet.
Schon jetzt gebe es Beispiele, dass Forschungslabore Entwicklungen für Diagnostika eingestellt hätten, weil es sich wirtschaftlich nicht lohne mit bereits patentierten Genen oder Organismen weiterzuarbeiten, berichtete Otmar Kloiber von der Bundesärztekammer. Die auf Gensequenzen vergebenen umfangreichen Stoffpatente verhinderten notwendige Forschungen. Zudem würde, so Kloiber, durch die zahlreichen Patente eine neue „Kostenlawine auf das Gesundheitssystem“ zurollen, weil zusätzliche Patentgebühren bezahlt werden müssten.
Nach Angaben von Then seien die Biopatentanmeldungen in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. So wurden allein rund 1.700 Patente für menschliche Gene beantragt. Einzelne Anträge umfassten sogar „einige hundert Gensequenzen“.
WOLFGANG LÖHR
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