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Premiere-Chef verkündet das Aus für 150 Jobs in Hamburg. Zukunft von Lokalfernsehen Hamburg 1 „extrem gefährdet“  ■ Von Peter Ahrens

Georg Kofler stellt sich hin und verkündet blühende Landschaften. Der neue Vorstandschef des Kirch-Senders Premiere World setzt auf ein neues Verkaufs-Konzept, will die Ärmel aufkrempeln und spricht vom „respektvollen Umgang“ mit den MitarbeiterInnen. Für 150 von denen, die sich das auf der gestrigen Premiere-Betriebsversammlung in Wandsbek angehört haben, gilt dies alles nicht mehr. Sie haben befristete Verträge, und das heißt: Sie verlieren ihre Jobs, das hat Kofler klar gemacht. Noch ärger trifft es wahrscheinlich den zweiten Kirch-Ableger in der Hansestadt, das Lokalfernsehen Hamburg 1. Noch ist weit und breit kein Käufer in Sicht. Meldungen, bereits heute müsse Hamburg 1 den Sendebetrieb einstellen, wurde von Kirch-Sprecher Hartmut Schultz jedoch bestritten.

Kofler hat den knapp 900 in Hamburg verbliebenen Premiere-Beschäftigten gestern zumindest zugesichert, dass der Standort nicht geschlossen werden soll. Die MitarbeiterInnen sind dennoch skeptisch gegenüber den Ankündigungen des neuen Chefs, „schließlich hat Premiere die Geschäftsführung zuletzt häufiger gewechselt als wir unsere Bettwäsche“, sagt Olaf Hofmann von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.

Für Hamburg 1 sieht es dusterer aus. Kirch wünsche sich, so sein Sprecher Hartmut Schultz, zwar eine Fortführung des Ballungsraum-Fernsehens, doch „nicht mehr unter dem Dach der Kirch-Gruppe“. Der Konzern hat die Mehrheitsanteile an Hamburg 1 und seinen Lokalfernseh-Schwestern in Berlin und München. Es ist inzwischen unwahrscheinlich, dass alle drei Sender an einen Käufer gehen. Das baden-württembergische Medienunternehmen B.TV hatte sich zwar als Interessent selbst ins Spiel gebracht, doch sei dieser, so Schultz, „nicht ganz ernst zu nehmen“. Andere aus der Branche sprechen von einem „Schaumschläger“, wenn die Rede auf B.TV kommt. Der Kirch-Sprecher betonte zwar, es gebe immer noch Gespräche mit potenziellen Käufern, doch die, so heißt es, haben viel mehr Interesse an den Standorten Berlin und München als an Hamburg.

Hamburg 1 ist richtig gefährdet“, heißt es aus Branchenkreisen. Bei den geringen Marktanteilen, die Hamburg 1 erreicht habe, habe man sich aus Hofmanns Sicht allerdings schon länger die Frage stellen müssen: „Ist so ein Produkt überhaupt zukunftsfähig?“

Angesichts der gegenwärtigen Flaute im Medienbereich übt ver.di harsche Kritik an Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU). Im vergangenen halben Jahr seien im Medienbereich in Hamburg knapp 1000 Arbeitsplätze verschwunden, zählt die stellvertretende ver.di-Landeschefin Ulrike Fürniss auf – die Behörde zeige wenig Engagement, dagegen aktiv etwas zu tun. „Der Senator bewegt sich lieber auf Promi-Parties, als die Betroffenen nun zu einem Hamburger Mediengespräch an einen Tisch zu holen“, attackiert Hofmann. ver.di hatte sich am Mittwoch zu einem Termin mit Uldall getroffen, dies sei jedoch „wenig ermutigend“ verlaufen.

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