: Caligari: Du musst Theater werden!
Robert Wilson bringt das Cabinet des alten Stummfilmdoktors auf die Bühne
Für gewöhnlich läuft es ja eher so, dass Bücher oder Theaterstücke für das Kinos adaptiert werden. Nicht so beim neuen Stück von Robert Wilson, das heute am Deutschen Theater uraufgeführt wird und sich an einer Umsetzung von Robert Wienes Klassiker des expressionistischen Stummfilms „Das Cabinet des Dr. Caligari“ versucht. Dieses Konzept von Wilsons „Doktor Caligari“ mag zunächst verwundern, zumal gerade mit Wienes Vorgabe sich der Film als eigenständiges Medium gegenüber dem Theater durchzusetzen begann. Dennoch liegen einige einleuchtende Bezüge auf der Hand: So wurde etwa das „Cabinet“ 1920 doch wieder sehr theatralisch als „Filmspiel in sechs Akten“ angekündigt, auch das berühmte perspektivisch verzerrte Dekor kommt in seiner graphischen Zweidimensionalität einer Bühnenkulisse näher als einer fotorealistischen Abbildung der Welt, und schließlich ergibt es durchaus Sinn, dass mit Robert Wilson der Erfinder der „silent opera“ sich einem Stummfilm widmet. Dabei sind es aber wiederum gerade die zwangsläufigen Unterschiede, die die Umsetzung interessant machen: Zum Beispiel, dass Wilsons Stück locker doppelt bis dreifach so lange dauert wie Wienes einstündiger Film; wie die klaustrophobische Atmosphäre von Holstenwall auf die große Bühne übersetzt werden kann; oder dass die Inszenierung mit einem aufwändigen Lichtdesign auffährt, während im Film die Lichteffekte aus Kostengründen einfach auf die Kulissen aufgemalt waren. ARW
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