: Miss Teen ist Oscar-Preisträgerin
Der Schauspielerin Halle Berry wird als erster Afroamerikanerin der Oscar als beste Hauptdarstellerin verliehen
Als sie in ihrer Dankesrede die ihr zugestandene Zeit von 45 Sekunden überschritt, sagte Halle Berry: „Okay, warten Sie einen Augenblick. Es hat 74 Jahre gedauert. Ich muss mir die Zeit nehmen.“
Fast ein Dreivierteljahrhundert – so viel Zeit musste verstreichen, bis die American Academy of Motion Pictures zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen Oscar an eine afroamerikanische Schauspielerin vergeben sollte. Und zwar nicht für die Leistung als beste Nebendarstellerin – diesen Erfolg konnte Hattie McDaniel schon 1939 für sich verbuchen, für die Rolle des Dienstmädchens in „Vom Winde verweht“ –, sondern für die beste Hauptdarstellerin.
Halle Berry nahm die Trophäe in der Nacht von Sonntag auf Montag sichtlich gerührt entgegen: „Dieser Augenblick ist so viel größer als ich“, sagte sie und widmete ihn afroamerikanischen Schauspielerinnen, unter anderem Dorothy Dandrigde, die sie selbst einmal in einer TV-Produktion verkörperte, Jada Pinkett und Angela Bassett – und schließlich „allen namenlosen, gesichtslosen Afroamerikanerinnen, die nun eine Chance haben, weil heute Abend eine Tür geöffnet wurde.“
Erhalten hat Berry den Oscar für die Rolle der Leticia Musgrove in „Monster’s Ball“ in der Regie von Marc Forster, einem in den Südstaaten angesiedelten Film. Sie gibt darin die Ehefrau eines zum Tode Verurteilten. Nach der Hinrichtung begegnet sie einem der Wärter (Billy Bob Thornton), einem weißen Rassisten. Die beiden beginnen eine unmögliche Beziehung, eine Liebe, die unter so vielen Schmerzen entsteht, wie es die politischen und historischen Koordinaten fordern.
Halle Berry ist 33 Jahre alt und in Cleveland, Ohio, zur Welt gekommen. Ihr Vater ist Afroamerikaner, ihre Mutter Weiße; die Eltern trennten sich, als sie vier Jahre alt war, und sie wuchs bei der Mutter auf. Ihre Karriere begann Berry als Schönheitskönigin: Im Alter von siebzehn Jahren wurde sie Miss Teen All American, ein Jahr später Miss Ohio. In ihrer High-School-Zeit arbeitete sie als Redakteurin in der Schulzeitung, sie war Klassensprecherin und Cheerleader. 1989 gab sie ihr Fernsehdebüt in der Serie „Living Dolls“.
Ihre erste Filmrolle hatte sie in Spike Lees „Jungle Fever“. Das war 1991, und es heißt, sie habe sich, um sich auf die Rolle der cracksüchtigen Vivien vorzubereiten, eine Woche nicht gewaschen und sei zudem undercover mit der New Yorker Polizei unterwegs gewesen, um sich die Crackszene von nahem anzuschauen. „Ich würde das heute nicht mehr machen“, sagt sie in einem Interview, „es war total verrückt. Ich erreichte einen Punkt, an dem ich sagte: Wenn es das ist, was ich tun muss, verzichte ich.“ In ihrer Dankesrede nimmt Spike Lee einen Ehrenplatz ein.
Auch wenn sie sich heute anders auf ihre Rollen vorbereitet als vor elf Jahren – der Intensität ihrer Darstellung hat dies nichts genommen. Es ist großartig, zu sehen, wie sie die Figur der Leticia Musgrove mit einer Nervosität ausstattet, mit einem Schmerz, der vom Leben als Underdog kündet. Für diese herausragende Leistung hat sie schon auf der Berlinale den Silbernen Bären erhalten.
Halle Berrys nächstes Projekt ist weniger kontrovers als „Monster’s Ball“: An der Seite Pierce Brosnans wird sie das neue Bond-Girl. CRISTINA NORD
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