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Fairchild Dornier im Sturzflug

Wieder trifft es das „Wirtschaftswunderland Bayern“: Jetzt steht auch der deutsch-amerikanische Flugzeugbauer Dornier vor dem Aus. Tausende Arbeitsplätze sind in Gefahr. Die Staatsregierung bietet ihre Hilfe an, damit das Unternehmen Zeit gewinnt

MÜNCHEN/BERLIN taz ■ Der Flugzeugbauer Fairchild Dornier ist pleite. Das deutsch-amerikanische Unternehmen mit Hauptsitz in Oberpfaffenhofen bei München hat beim Amtsgericht Weilheim Insolvenzantrag eingereicht. In den vergangenen Wochen war die Führungsspitze verzweifelt auf der Suche nach einem strategischen Partner oder einem Käufer gewesen.

Bei Flugzeugen mit einem Angebot von 30 bis 120 Plätzen zählt Dornier zu den drei größten Herstellern der Welt. Nach Firmenangaben düsen rund 1.400 Dornier-Jets um den Globus. Neben Flugzeugen für den Regional- und Geschäftsverkehr bietet der Konzern, der 1996 nach horrenden Verlusten von der Daimler-Tochter Dasa an Fairchild verkauft worden war, auch Maschinen für militärische Einsätze an.

In den ersten Reaktionen hieß es, die Folgen des 11. Septembers hätten den Konzern in Bedrängnis gebracht. Wahrscheinlicher dürften es aber die Kosten des 70-Sitzer-Jets FD 728 gewesen sein. Der Spiegel will erfahren haben, dass allein die bisherige Entwicklung 1,2 Milliarden US-Dollar teuer gewesen und eine weitere Milliarde nötig sei.

Fairchild Dornier hatte hohe Erwartungen in seinen neuen Flieger gesetzt. Er sollte den Umsatz von 635 Millionen Dollar bis zum Jahr 2008 auf 4 bis 5 Milliarden Dollar steigern. Trotz der Insolvenz blickt Vorstandschef Lou Harrington nicht ohne Optimismus in die Zukunft: „Wir haben ein Auftragsbuch mit 11,7 Milliarden Dollar, davon die Hälfte als feste Bestellung.“ Auch die Bayerische Staatsregierung sagte, der Insolvenzantrag biete die Chance für einen Neubeginn. Wirtschaftsminister Otto Wiesheu und Finanzminister Kurt Faltlhauser (beide CSU) kündigten Gespräche mit der Unternehmensführung an, um die Zahlungsfähigkeit für die nächsten Wochen zu sichern.

Nach der Pleite gilt Boeing als größter Interessent für den Flugzeugbauer. Der US-Konzern, über dessen Übernahmeabsichten bereits heftig spekuliert worden war, könnte seine Sparte mit einer Übernahme um Regionalflieger mit Kapazitäten bis zu 120 Sitzplätzen erweitern. Die von Dornier angestrebte „strategische Partnerschaft“ war bisher an den Schulden des Flugzeugbauers gescheitert. Nach der Insolvenz könnte ein Investor das Unternehmen schuldenfrei übernehmen. Interesse könnte neben Boeing auch Dornier-Konkurrent Bombardier zeigen.

Auch der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter Peter Braun betonte, dass das Insolvenzverfahren neue Handlungsspielräume eröffne. „Das Unternehmen wird uneingeschränkt fortgeführt“, erklärte er. Nach dem Insolvenzrecht sind die Gehälter der 3.600 Beschäftigten in Deutschland für die nächsten drei Monate gesichert. Was aus den Arbeitsplätzen wird, hänge davon ab, ob ein Investor gefunden werde, so Braun.

Zwei Verlierer stehen jedoch bereits fest: der Bund und der Freistaat Bayern. Sie hatten für Dornier Bürgschaften mit einem Volumen von umgerechnet mehr als 390 Millionen Dollar übernommen.

PHILIPP HORSTMANN

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