: Das Vivantes-Schaulaufen beginnt
Rhön-Klinikum-AG stellte sich in der Senatskanzlei als Interessent für den landeseigenen Klinikkonzern vor. Das Gesundheitsressort blieb unbeteiligt
Die von Finanzsenator Thilo Sarrzin (SPD) angestrebte Privatisierung des landeseigenen Klinikkonzerns Vivantes hat gestern einen ersten Interessenten in die Senatskanzlei gezogen. Dort präsentierte sich bei Kanzleichef André Schmitz ein Vorstandsvertreter der Rhön-Klinikum-AG, eines führenden Klinikbetreibers. Laut Vizesenatssprecher Günter Kolodziej handelte es sich um einen reinen Vorstellungstermin, bei dem es weder Verhandlungen noch ein Kaufangebot gegeben haben soll. Interesse an Vivantes zeigt auch die Fuldaer Helios GmbH, die in Berlin das Klinikum Buch betreibt.
Sarrazin hatte Anfang März im Vivantes-Aufsichtsrat durchgesetzt, einen Verkauf des in dreistelliger Millionenhöhe verschuldeten Unternehmens prüfen zu lassen. Ausschlaggebend dafür soll ein Sanierungskonzept sein, das die Geschäftsführung bis Herbst vorlegen soll. Im Gegenzug sicherte Sarrazin eine Bürgschaft des Land bis zur Vorlage des Konzepts zu.
Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) hatte sich gegen eine Privatisierung ausgesprochen: Der Konzern müsse sich erst konsolidieren, jetzt zu privatsieren wäre „ökononisch der blanke Unsinn“. Vivantes-Aufsichtsratschef Kleinert sagte im März, ein Verkauf stehe derzeit nicht zur Debatte.
Knake-Werners Ressort war an dem gestrigen Gespräch mit Rhön nicht beteiligt. Das Unternehmen habe sich direkt an die Senatskanzlei gewandt, sagte ihre Sprecherin Roswitha Steinbrenner. Auch im Gesundheitsressort seien „Wünsche zu Informationsgesprächen“ eingegangen. Bisher soll es aber keine derartigen Treffen gegeben haben.
Die Helios GmbH mit Sitz in Fulda bestätigte ebenfalls Interesse an Vivantes. Da man sich bereits in Buch engagiere, gebe es ständig Gespräche und Kontakte mit dem Senat. Für konkrete Verhandlungen zu Vivantes sei es aber noch zu früh. „Wir glauben aber, dass wir zu den interessanten Interessenten gehören und der Senat mit uns sprechen wird“, sagte ein Helios-Sprecher der taz. Nach Angaben der Senatskanzlei hat es Anfragen weiterer Unternehmen gegeben.
Das Land hatte die zehn städtischen Krankenhäuser zum Jahresbeginn 2001 unter dem Namen „Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH“ zum bundesweit größten Klinikkonzern zusammengefasst. Mit seinen rund 6.200 Betten und knapp 12.000 Mitarbeitern versorgt Vivantes etwa ein Drittel aller Krankenhauspatienten in Berlin.
Verluste der städtischen Kliniken von 65 Millionen Euro im vorigen Jahr vor der GmbH-Gründung ließen sich durch massive Einsparungen beim Personal 2001 mehr als halbieren. Mit weiterhin 30 Millionen Minus und einem Schuldenberg stellt das Unternehmen für Finanzsenator Sarrazin aber weiterhin einen Verlustbringer dar.
STEFAN ALBERTI
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