: Proteste gegen Jiang
Menschenrechtsgruppen fordern Kritik an China ein. Falun Gong demonstriert gegen Jiang im Lotossitz
BERLIN taz ■ 200 Anhänger der buddhistisch-taoistischen Sekte Falun Gong haben gestern auf dem Berliner Alexanderplatz aus Anlass des Staatsbesuchs von Chinas Präsidenten Jiang Zemin gegen die Verfolgung ihrer Glaubensgenossen in der Volksrepublik demonstriert. Nach dem Verbot von Falun Gong in China im Juli 1999 seien 380 Anhänger in der Haft an Folter und Misshandlungen gestorben, beklagten Redner bei einer Kundgebung. 150.000 Sektenanhänger seien seitdem in Gefängnisse oder Arbeitslager gesteckt worden. Auch heute und morgen wollen Falun-Gong-Anhänger vor der chinesischen Botschaft und dem Hotel Adlon mit Meditationsübungen protestieren.
Für heute Vormittag haben die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) und die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Mahnwachen in der Nähe des Schlosses Bellevue und beim Kanzleramt angekündigt. Die GfbV stellte gestern nach eigenen Angaben gegen Chinas Präsidenten Anzeige beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Sie wirft ihm Körperverletzung mit Todesfolge in vier Fällen sowie gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung in drei Fällen vor. Damit habe Chinas Regierung gegen die von ihr ratifizierte Anti-Folter-Konvention verstoßen. Nach Meinung des GfbV-Vorsitzenden Tilman Zülch könne sich Jiang nicht auf Immunität als Staatsoberhaupt berufen.
Die Generalsekretärin von amnesty international, Barbara Lochbihler, kritisierte den dramatischen Anstieg von Todesstrafen in China und forderte deutsche Politiker auf, dies bei ihrem Treffen mit Jiang anzusprechen. Laut Lochbihler seien zuletz in China in nur drei Monaten 1.781 Hinrichtungen vollstreckt worden und damit so viele wie im Rest der Welt in den letzten drei Jahren zusammen.
Die Grünenvorsitzende Claudia Roth hat unterdessen Vorwürfe zurückgewiesen, die Bundesregierung werde den Menschenrechtsverletzungen in China eine untergeordnete Rolle zuweisen. Mit der rot-grünen Regierung sei „die Phase des diplomatischen Schweigens und Nichtstuns überwunden worden“, so Roth. HAN
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