: Von Geld und Gefühlen
■ Kulturausschuss im Schauspielhaus: Finanzlecks – Fehlanzeige
Zugegeben: Was Frischs Biedermann und die Brandstifter mit dem 11. September zu tun hat, wurde beim gestrigen Kulturausschuss nicht ganz klar. Macht aber auch nichts; das Thema kann mit dem Schauspielhaus-Chefdramaturgen Michael Eberth, der dies referierte, an anderer Stelle erörtert werden.
Frappierend in der jüngst im Schauspielhaus anberaumten Sitzung war eher, dass sich niemand zu einer programmatischen Aussage bezüglich des Hauses hinreißen lassen wollte: Eberth zog sich mit philosophischen Erörterungen aus der Schlinge, während Kultursenatorin Dana Horáková die diesbezügliche Frage von Werner Dobritz (SPD) zunächst gar nicht beantworten wollte. Kurzen Tumult gab's, bis der Ausschuss-Vorsitzende Willfried Maier (GAL) die Frage formell für zulässig erklärte. Sehr konkret wurde die Senatorin darob allerdings nicht: „Ich wünsche mir, dass sich der Zuspruch, den Herr Stromberg hier in Zahlen dargelegt hat, auch auf der Gefühlsebene widerspiegelt.“
Dabei hatte Schauspielhaus-Intendant Tom Stromberg durchaus mit einem Zuschauerzuwachs von 20 Prozent in der zweiten Spielzeit sowie bundesweit anerkannten und geehrten Regisseuren und Inszenierungen aufgewartet. In der nächsten Spielzeit stehen neben Molières Menschenfeind Uraufführungen von Schimmelpfennig- und Jelinek-Stücken auf dem Programm – „immer in der Absicht, sowohl die Klassiker als auch Nachwuchsautoren aufzuführen.“
Den Ausschuss dagegen interessierten eher Zahlen. Doch soviel sie auch fragten und provozierten, sie konnten dem Intendanten nichts am Zeuge flicken: Der Rücklagen-Verbrauch bewegt sich bislang sogar unterhalb der vom Aufsichtsrat genehmigten Marge. Der neu eingeführte interne Regisseurstreff gestaltet sich positiv, und „seit dem 11. September haben wir ein verstärktes Bedürfnis der Menschen beobachtet, sich nach den Aufführungen über die Stücke zu unterhalten“. Abos – an anderen Häusen als Planungssicherheit schaffender Faktor geschätzt – wurden lange vor der Baumbauer-Ära abgeschafft. Eine Feststellung übrigens, die die finanziell gern findigen Ausschussmitglieder völlig überraschend traf.
Nicht überraschend war das klare Abschluss-Statement Willfried Maiers: „Ich hoffe, dass das Haus stark ins Zentrum der Öffentlichkeit gerät. Und ein Theater, das immer gelobt wird, ist fad. Da muss schon auch mal ,Skandal' geschrieen werden.“ Voilà. Und Stromberg war's zufrieden. Petra Schellen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen