: Erneut Machtwechsel in Venezuela
Nur zwei Tage nach seinem Sturz kehrt Hugo Chávez wieder als Präsident in den Regierungspalast zurück. Die Führung der staatlichen venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA reicht ihren Rücktritt ein. Übergangspräsident Pedro Carmona verhaftet
CARACAS dpa/rtr ■ Nur zwei Tage nach seinem Sturz hat der Linksnationalist Hugo Chávez in Venezuela die Macht zurückerobert. Er übernahm am Sonntagmorgen (Ortszeit) im Regierungspalast Miraflores im Zentrum der Hauptstadt Caracas erneut das Präsidentenamt. Übergangspräsident Pedro Carmona, der Chávez am Freitag nach blutigen Massenprotesten mit Hilfe der Streitkräftechefs gestürzt hatte, war am Samstag nach Demonstrationen von Chávez-Anhängern, bei denen mehrere dutzende Menschen getötet worden waren, zurückgetreten. Danach hatte der Stellvertreter von Chávez, Diosdado Cabello, für einige Stunden das Präsidentenamt übernommen.
Chávez kündigte nach seiner Wiedereinsetzung in einer einstündigen Rede an die Nation an, es werde keine Repressalien gegen die Opposition geben. „Das war eine Konter-Konter-Revolution“, sagte der 47-Jährige. Das Volk habe im Regierungspalast Einzug gehalten und werde nie wieder abziehen. Gleichzeitig verkündete er, dass die Führung der staatlichen venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA ihren Rücktritt eingereicht und er diesen angenommen habe.
Chávez bestritt Angaben des Militärs, er sei nach den Unruhen vom Donnerstag zurückgetreten. Die Oberbefehlshaber der Streitkräfte, die Carmona unterstützt hatten, hüllten sich nach der neuen Entwicklung zunächst in Schweigen.
Während rund 200.000 Menschen vor dem Regierungspalast und eine Million Anhänger des Präsidenten auf den Straßen der Hauptstadt feierten, wurde Chávez von seinem Stellvertreter Cabello unter tosendem Beifall wieder eingesetzt. Cabello war in der Nacht von Parlamentsvertretern, die zusammen mit Chávez-freundlichen Truppen den Regierungspalast besetzt hatten, als Übergangspräsident vereidigt worden. Der 60-jährige Carmona, Chef des Unternehmer-Verbandes, wurde festgenommen. Er hatte am Samstag unter dem Eindruck zunehmender Proteste von Chávez-Anhängern sowie Revoltedrohungen aus den Reihen des Militärs die von ihm verfügte Auflösung des Parlamentes und des Obersten Gerichtshofes rückgängig gemacht.
Chávez sagte, er sei während der 40-stündigen Gefangenschaft in einer Kaserne der Insel La Orchilla gut behandelt worden. Viele der Soldaten hätten sich dort mit ihm solidarisch erklärt. „In Venezuela gibt es einen demokratischen und friedlichen Revolutionsprozess, der von nichts und niemandem aufzuhalten ist“, versicherte er.
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