: Kosten senken für den Klimaschutz
Die Technische Fachhochschule ist die zehnte Energiesparpartnerschaft eingegangen. Doch das Vorzeigemodell stößt auf ignorante Bürokraten
Berlin ächzt unter einem fast 40 Milliarden Euro hohen Schuldenberg, in den öffentlichen Haushalten regiert die Kürzungswut – Investitionen in den Umweltschutz scheinen da undenkbar. Wie es dennoch gehen könnte, hat die Technische Fachhochschule (TFH) jetzt vorgemacht: Mit Hilfe der Berliner Energieagentur hat die TFH einen Vertrag mit dem Energieunternehmen SFW abgeschlossen, von dem Ökonomie und Ökologie gleichermaßen profitieren.
„Eine hervorragende Sache“, sagte gestern Reinhard Thümer, Erster Vizepräsident der TFH. „Wir entlasten unseren Haushalt und tun etwas für die Umwelt.“ SFW investiert gut eine halbe Million Euro für Energie sparende Maßnahmen in den Gebäuden der Hochschule und garantiert in den nächsten zehn Jahren geringere Energiekosten von 200.000 Euro pro Jahr. Durch die Maßnahmen fallen über 1.300 Tonnen Kohlendioxid jährlich weniger an.
Die Vereinbarung ist das zehnte Projekt eines seit 1996 existierenden Berliner Modells, das Kostensenkung und Klimaschutz in einem verspricht: die so genannte Energiesparpartnerschaft. „Das ist ein Win-win-Modell, mit dem wir internationale Beachtung finden“ sagt Maria Krautzberger, Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.
Die Idee ist simpel: In fast allen Gebäuden wird Energie und damit Geld verschleudert. Unter Vermittlung der Berliner Energieagentur übergibt das Land Gebäude zur Sanierung und Bewirtschaftung an private Unternehmen. Diese investieren in Energiesparmaßnahmen und teilen sich den Gewinn – das eingesparte Geld für Energieleistungen – mit dem Land Berlin. Bezahlt werden die Firmen aber nur, wenn die garantierte Reduzierung der Energiekosten – durchschnittlich rund 25 Prozent – tatsächlich auch realisiert wird.
„Die Bilanz ist unschlagbar erfolgreich“, sagt Krautzberger. In den sechs Jahren seit Bestehen des Modells hat Berlin über 1,7 Millionen Euro und rund 100.000 Tonnen Treibhausgas-Emissionen eingespart. Doch trotz des Erfolgs: Das Modell ist kaum bekannt und stößt bei vielen öffentlichen Trägern auf Ignoranz. „Die Potenziale in Berlin sind noch nicht ausgereizt“, sagt Krautzberger. Von den 5.000 öffentlichen Gebäuden sind bislang nur 318 in eine Energiesparpartnerschaft eingebunden.
Ein Problem: die dezentrale Gebäudeverwaltung in Berlin. „Wir haben Bezirke, etwa Reinickendorf, da passiert rein gar nichts“, beklagt Michael Geißler, Geschäftsführer der Berliner Energieagentur. Jährlich könne man rund fünf Partnerschaften realisieren. Doch trotz der angespannten Finanzlage gebe es in vielen Verwaltungen eine „Kultur der Zurückhaltung“, so Geißler. Allein in den beiden Universitätskliniken könnten 2 Millionen Euro Energiekosten pro Jahr einspart werden.
Im Senat überlegt man nun, den Verwaltungen auf die Sprünge zu helfen. „Das Instrument war als reines Anreizmodell entwickelt“, sagt Staatssekretärin Krautzberger. „Vielleicht sollte man jetzt doch die Zügel etwas stärker anziehen.“
MARKUS MAXIMILIAN POHL
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