Rückzug ohne Tiefgang

■ Hamburg wird noch in diesem Monat den Abschied vom Tiefwasserhafen an der norddeutschen Küste vollziehen

Offiziell wird noch bis Monatsende geprüft und abgewartet – inoffiziell basteln Wirtschaftsbehörde und die Hafenwirtschaft längst an einer Version, mit der Hamburg ohne großen Gesichtsverlust das Großprojekt Tiefwasserhafen verlassen kann. Die Würfel sind bei diesem vor genau einem Jahr im Hamburger Rathaus verkündeten Millionenvorhaben norddeutscher Kooperation gefallen: Niedersachsen und Bremen werden versuchen, einen Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven zu bauen.

Hamburg hält sich raus und hat zwei Optionen: Entweder stirbt das Projekt endgültig, das wäre der Hansestadt am liebsten, oder Wilhelmshaven kommt – dann würde der große Konkurrenzkampf zwischen Altenwerder und dem niedersächsischen Mitbewerber um die großen Schiffe entbrennen.

„Wir bleiben dabei: Wilhelmshaven darf nur Ergänzungshafen für Hamburg werden, und das Projekt muss sich betriebswirtschaftlich rechnen“, benennt Andreas Richter, Sprecher der Behörde, die Konditionen, unter denen Hamburg bereit ist, mitzumachen. Aber da vor allem der erste Punkt Illusion ist, ist klar, dass Niedersachsen und Bremen allein auf dem Projekt sitzen bleiben. Was auch logisch ist: Denn nur diese beiden Bundesländer haben ein wirtschaftliches Interesse daran, einen Hafenstandort an der Küste zu bauen – der dann Hamburg die Containerschiffe vor der Nase wegschnappen kann.

Falls es diese großen Containerschiffe überhaupt jemals gibt: „Bisher sind Schiffe dieser Größenordnung weder im Plan noch im Bau“, sagt Richter – ein Argument, das der Behörde beim Tiefwasserhafen in den Kram passt. Bei der Elbvertiefung, die Wirtschaftssenator Uldall (CDU) mit Macht vorantreibt, muss sie dagegen die Größe künftiger Schiffe möglichst betonen, um die Notwendigkeit einer neuen Ausbaggerung zu begründen.

Uldall spielt hier allerdings mit Risiko: Denn bei der Elbvertiefung ist er auf den guten Willen Niedersachsens angewiesen – des Nachbarn, den Hamburg beim Tiefwasserhafen gerade dabei ist zu verprellen. Peter Ahrens