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„Soviel Trouble gab's noch nie“

■ Nettlenburger Grundschüler können nicht an ihre Schule. Behörde: wir haben diese Probleme an 7 bis 8 Standorten

Eigentlich ist alles wunderbar. „99 Prozent aller Elternwünsche können berücksichtigt werden“, verkündet die Schulbehörde nach Beendigung der diesjährigen Anmelderunde für die 1. Klassen. „Es können auch 98,7 Prozent sein“, korrigiert Behördensprecher Hendrik Lange. Man habe aber die 2200 Elternwünsche auf „anderweitige Einschulung“ in höherem Maße erfüllt als früher.

Doch die Erfolgsquote bezieht sich auf alle 14.000 Schulanfänger, bleiben also 180 Fälle von Eltern, deren Wünsche nicht erfüllt werden. So an der Schule Nettelnburg: „Wir müssen 5 bis 6 Kinder, die in unserem Schulbezirk wohnen, an andere Schulen umleiten“, berichtet Schulleiter Jochim Trede. „Das ist ein Novum. Das hab ich noch nicht erlebt.“ Schuld daran sei die strikte Vorgabe der Behörde, keine Klasse mit weniger als 24 Schülern einzurichten. Würden, wie in Vergangenheit üblich, auch Klassen mit 21 Schülern zugelassen, so Trede, „hätten wir alle Schüler aufnehmen können“. Zwar werden die Schulstunden pro Schüler zugewiesen, so dass kleinere Klassen auch weniger Unterricht haben. Doch in Vergangenheit gab es einen „Unterfrequenzausgleich“ für zu kleine Klassen, um die verlässliche Halbtagsschule zu garantieren.

„Die Schulbehörde geht in diesem Jahr sehr rigide vor“, sagt auch der Elternratsvorsitzende Friedhelm Schumacher, der gar von der „Zwangsumsetzung Nettelnburger Schüler“ spricht. Die Schüler, die mit einer Ausnahme alle im Stadtteil wohnen oder dort betreut werden, müssten nun einen längeren Weg und die Überquerung einer vierspurigen Straße in Kauf nehmen.

„So viel Trouble wie in diesem Jahr gab es noch nie“, sagt auch der Schulleiter Manfred Klein von der Schule Richard-Linde-Weg. Klein befürchtet, dass allein die Ankündigung der Regierung, die Schulgebietsgrenzen zu lockern, Fluchtbewegungen und die Tendenz zur Scheintagesmutter befördern. „Das führt dazu, dass andere Kinder, deren Eltern keinen Antrag gestellt haben, nicht mehr in ihre Bezirksschule gehen können.“

Man habe, so versichert dagegen Hendrik Lange, gegenüber den Vorjahren gar nicht viel verändert. „Die Richtfrequenzen für die Klassengröße hat es schon immer gegeben.“ Und im Zweifelsfällen, wo die nächste Nachbarschule fünf Kilometer entfernt liege, habe man auch in diesem Jahr kleinere Klassen zugelassen. Lange: „Es gibt aber sieben bis acht Standorte, an denen es schwierig ist.“ Welche außer Nettelnburg dies sind, erfahren die betroffenen Eltern nun per „Anhörungsschreiben“ mit der Post. Kaija Kutter

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