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Das letzte Mittel zur politischen Hygiene

Niemand hat je daran gezweifelt, dass das Angebot an den Leiter des Rechnungsprüfungsamts schmutzig war. Ob strafrechtlich relevant oder nicht: Solche Gängelungsversuche stammen aus dem Gruselkabinett des öffentlichen Dienstes. Aber außer den Grünen hatte niemand Interesse an einer Aufklärung. Ein „Nicht-Papier“ sei das, das sie nicht gekannt hätten und das sie folglich auch nicht interessiere, verkündeten unisono Bürgermeis-ter Schulz und Stadtverordnetenvorsteher Beneken. Wäre nicht irgendwann CDU-Fraktionschef Bödeker der Kragen geplatzt – Beneken könnte diese Version bis heute aufrecht erhalten, denn eine öffentliche Konfrontation aller Beteiligten hat die große Koalition bis heute verhindert.

Wäre der Autor des Vertrags ein übereifriger Referent gewesen – die Stadtverwaltung hätte ihn auffliegen lassen und wäre ihre hässliche Affäre los gewesen. So drängt sich der Verdacht auf, dass es ein Amtsträger gewesen sein muss – oder einer, der es werden will.

Unter diesen Umständen den Grünen eine Untersuchungsausschuss-Inflation vorzuwerfen oder sich hinter vermeintlicher Nichtzuständigkeit zu verstecken, ist durchsichtig. Eine verantwortliche SPD-Parteiführung hätte beizeiten auf die Bremerhavener Genossen eingewirkt, die Vorwürfe selbst zu klären – und sich um eine Gesetzesnovelle gekümmert: In Zeiten sprießender Korruption ist ein Rechnungsprüfungsamt, das im Verborgenen arbeiten muss, ein Anachronismus. Jan Kahlcke

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