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berliner szenen Tiefengrundrausch

Alles wird genauso

Es geht wieder darum, die Lebenseinrichtung zu überprüfen, die angestaubten Möbel im Kopf abzuwischen, da und dort auch wacklige Füße wieder festzuleimen. In der neuen Wohnung soll alles anders werden, also genauso wie bisher, nur besser. Manchmal kommen Ka und Ki, die zwei Autorinnen, um beim Tapetenrunterreißen zu helfen. Drei Schichten, auch Reste ockergelbverdreckter Kleber als Schatten der Verzierungen knapp unter der Decke. Sicher noch aus Vorkriegszeiten, vielleicht aber doch eher Siebzigerjahre.

Am nächsten Tag sieht man immer, dass man viel übersehen hat: Kleine Stückchen Makulatur vor allem, deren Farbton sich kaum von der nassen Wand meines Wohnzimmers unterscheidet. Manche Stücke sind kleiner als eine Zigarette im Querschnitt. Die macht man nass und zieht sie behutsam von der Wand. Kleine Spachtel leisten Großes. Dann geht es darum, die Wand wieder aufzubauen. Beim Malen stößt man immer auf Reste von Resten. Die kleinen Papierchen stellen sich auf. Manche zieht man ab, andere klebt man mit der kreidereichen Farbe fest, die 1999 ein „sehr gut“ bekommen hat.

Im Abstellkammermüll liegt noch ein Paket mit Mörtel. Ich nenne das graue Pulver jedenfalls so. Vielleicht ist es ja auch Beton. Es wirkt seriöser als die Spachtelmasse beim Leitungsunterputzen. Noch seriöser scheint es mir, mit Tiefengrund zu arbeiten. Giftig sieht die blaue Flüssigkeit in dem Kanister aus.

Ich bin in einem Tiefengrundrausch, mir ist so deprimiert und tiefengrundvergiftet, als ich am Fernseher sitze. Die Mimik der Menschen im Fernsehen wirkt grotesk übertrieben, so dass man ihnen gerne zurufen würde: „Können Sie nicht bitte etwas undeutlicher sprechen!“DETLEF KUHLBRODT

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