: Der Großbäcker will verkaufen
Überraschend hat der Kamps-Vorstand der Übernahme durch den italienischen Pastariesen Barilla zugestimmt. Und auch die Kleinaktionäre des größten Bäckereikonzerns Europas sagen bei einem Preis von 12,50 Euro pro Aktie nicht nein
von ANNIKA JOERES
Jetzt kommt die Pastasemmel: Gestern hat die Bäckereikette Kamps dem Übernahmeangebot von Barilla zugestimmt. Der italienische Nudelriese hat pünktlich zur gestrigen Aktionärsversammlung in Düsseldorf sein Angebot an die Aktionäre von 12 auf 12,50 Euro pro Aktie erhöht. Vorstandschef Heiner Kamps empfahl den Aktionären, das Angebot anzunehmen. Die Offerte von Nudelchef Guido Barilla entspreche immerhin einem Unternehmenswert von rund 1,8 Milliarden Euro. Damit zahle Barilla „einen vollen Jahresumsatz, um Kamps zu kaufen“.
Der Brötchenkunde wird die Übernahme nicht bemerken: Der größte Brötchenkonzern Europas soll als eigenständiges Unternehmen unter dem Dach von Barilla ebenso erhalten bleiben wie der Name Kamps und das Angebot. Allerdings überlegt Barilla, ob nicht neben Brot und Brötchen künftig auch Pasta verkauft werden kann.
Noch in der vergangenen Woche hatte sich Kamps gegen das Übernahmeangebot von Barilla in Höhe von 12 Euro gewehrt. Gerüchte kursierten, nach denen der Nahrungsmittelkonzern Danone als so genannter weißer Ritter ein Gegenangebot plane, zwischenzeitlich war auch der US-Lebensmittelgigant Sara Lee als Kamps-Käufer im Gespräch. „Es fehlt ein stimmiges Konzept von Barilla“ und es ginge „nicht um 1 oder 2 Euro,“ sagte Heiner Kamps noch am Montagabend.
Die Meinung des Firmengründers ist für den Verkaufsprozess allerdings unerheblich: Kamps besitzt gerade mal 6 Prozent der Anteile. Auch die „Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre“ empfiehlt, das Angebot anzunehmen. „Damit bleibt uns eine teure Abwehrschlacht erspart“, sagte ihr Geschäftsführer Carsten Heise auf der Hauptversammlung.
Mit der Übernahme endet der beispiellose Aufstieg des Bocholter Kleinstadtbäckers Kamps zum größten Backunternehmen Europas. Erst in Deutschland, dann auch in Frankreich, Spanien und den Niederlanden kaufte Kamps Brötchenketten auf, schloss unrentable Filialen und stellte auf ein einheitliches Sortiment um. Auch der Börsenstart war furios: Innerhalb von fünfzehn Monaten kletterte der Kurs von 6 auf 46 Euro je Akte. Doch Kamps „hat sich überfressen“, sagt Volker Hergert, Analyst bei der Bankgesellschaft Berlin. Kamps habe übersehen, dass seine Brötchen nicht in jedem Land gerne gegessen würden, und sich hoffnungslos verschuldet. Zwischenzeitlich betrug die Verschuldungsrate (Verhältnis von Fremdkapital zu Gesamtkapital) 450 Prozent. Dafür wurde er an der Börse abgestraft – der Kurs sank zwischenzeitlich auf 4 Euro. „Die Übernahme durch Barilla ist noch das Beste, was Kamps passieren konnte“, sagt Hergert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen