: Legales Fassadendesign
Früher Sprüher, heute kommerzielle Künstler: eine Ateliergemeinschaft zeigt ihre Graffiti im Museum für Kunst und Gewerbe ■ Von Silke Schlichting
Stohead, Daim, Tasek und Daddy Cool haben es geschafft: Sie dürfen ihre Tags auf eine Museumswand sprühen. Im „Freiraum“ des Museums für Kunst und Gewerbe wird morgen um 19 Uhr ihre Ausstellung „Getting up – Graffiti einer Hamburger Sprayergruppe“ eröffnet.
Neben einer 3,50 x 11,50 Meter großen gemeinsamen Arbeit werden bereits bestehende Graffitiprojekte aus Hamburg und typische Werke jedes einzelnen gezeigt. So zeichnet sich Getting up zum Beispiel für das 2000 Quadratmeter große Transparent an Dock 10 von Blohm und Voss verantwortlich. Außerdem haben die Fassadendesigner Objekte in der Beckstraße, in der Bernhard-Nocht-Straße oder in der Langen Reihe besprüht.
Mirko Reisser (Daim), Heiko Zahlmann (Daddy Cool) und Gerrit Peters (Tasek) haben ihre Ateliergemeinschaft vor drei Jahren gegründet. Ein Jahr später stieß Chris-toph Hässler alias Stohead dazu. Alle waren vorher „seit mindestens zehn Jahren mit der Sprühdose im öffentlichen Raum unterwegs“. Denn das erste ungeschriebene Sprayer-Gesetz lautet: Du sollst deinen Namen verbreiten.
Stohead hatte dabei „eigentlich nie viel Stress“ mit den Ordnungshütern. Man muss nur schnell genug sein. Außerdem ließ der Reiz des Illegalen mit zunehmendem Alter nach – „Graffiti is for kids“, sagt Stohead. Heute besteht der Reiz darin, ein Konzept für große Flächen zu entwickeln. Dank ihrer prominent platzierten Arbeiten hat Getting up schon Aufträge für Großunternehmen wie Beiersdorf, Mercedes Benz oder die Deutsche Telekom erledigt. Ein Mercedes-Stern ziert auch das Haus an der Billhorner Brückenstraße 40, wo die Ateliergemeinschaft residiert.
Seit zwei Jahren organisiert Getting up während der „Maximum Hip-Hop Tage“ die „Urban Discipline Graffiti-Art“-Ausstellungen. Dazu laden sie befreundete Künstler aus der ganzen Welt ein, um einer großen Öffentlichkeit Leinwandarbeiten, Skulpturen und Installationen zu präsentieren. In diesem Jahr findet die Ausstellung vom 26. Juni bis zum 2. Juli in der alten Bavaria-Brauerei in der Bernhard-Nocht-Straße statt. Dann sollen die optischen Stylz auch eine akustische Untermalung haben.
Auf die wird im ehrwürdigen Museum für Kunst und Gewerbe weitgehend verzichtet – schließlich wollen die vier hier „ein Publikum erreichen, was sich normalerweise nicht in eine Graffitiausstellung trauen würde“.
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