: Zypern soll reden
Kofi Annan will wieder Schwung in die Gespräche der geteilten Insel bringen. Einigung wichtig für EU-Beitritt
BERLIN taz ■ Mit einem zweitägigen Besuch in Nikosia versucht UN-Generalsekretär Kofi Annan ab heute, die festgefahrenen Zypern-Gespräche wieder in Bewegung zu bringen. Seit dem Beginn der direkten Verhandlungen zwischen Zyperngriechen und -türken treten die Versuche, die Teilung der Insel zu überwinden, auf der Stelle. Annan wird getrennte Gespräche mit dem zyperngriechischen Präsidenten Glafkos Klerides und dem Führer der Zyperntürken, Rauf Denktasch, führen, aber zum gemeinsamen Essen laden.
Konkrete Vorschläge Annans sind dabei nicht zu erwarten. Der UN-Generalsekretär wird nach Angaben diplomatischer Kreise in Nikosia beiden Seiten vielmehr deutlich machen, dass man bis Ende Juni endlich Ergebnisse aus den Verhandlungen sehen will. Bisher sind beide Seiten weit von einer Grundsatzvereinbarung entfernt. Die Griechen favorisieren im Einklang mit EU und Vereinten Nationen die Einrichtung eines gemeinsamen Bundesstaats und sind dabei bereit, der türkischen Zone weitgehende Autonomierechte zuzugestehen. Denktasch lehnt das zwar prinzipiell nicht mehr ab, will der gemeinsamen Verwaltung aber so gut wie keine Exekutivrechte zugestehen. Auch EU-Außenkommissar Günter Verheugen hat jüngst deutlich gemacht, dass der zypriotische Bundesstaat über ein Minimum gemeinsamen staatlichen Handelns verfügen muss. Man sei nicht bereit, zwei zypriotische Staaten in die EU aufzunehmen.
Diese Aufnahmeprozeduren sollen schon im Herbst diesen Jahres beginnen, deshalb drängt die Zeit. Kommt es nicht zu einer Einigung, würde zwar auch dann ganz Zypern EU-Mitglied werden, faktisch profitierten aber nur die griechischen Zyprioten davon. Der Norden Zyperns gilt seit dem Einmarsch türkischer Truppen im Jahre 1974 international als besetztes Gebiet.
Der zyperntürkische Präsident Denktasch wiederholte vor wenigen Tagen bei seinem Besuch in Ankara Drohungen, Nordzypern würde sich ganz der Türki anschließen, sollte es zu keiner Einigung kommen. Das würde die Hoffnungen der Türkei, eines Tages selbst Mitglied im Brüsseler Club zu werden, allerdings auf ein Minimum reduzieren.
Jenseits der hohen Politik ist derzeit allerdings Bewegung im Gange. Die beiden Handelskammern vereinbahrten die Gründung gemeinsamer Projekte mit Unterstützung der EU. Die griechischen Zyprioten äußerten zudem jüngst ihre prinzipielle Bereitschaft, zyperntürkische landwirtschaftliche Produkte auf dem heimischen Markt zuzulassen. KLAUS HILLENBRAND
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