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Radikale Idee für Sozialhilfereform

BERLIN taz ■ Wer arbeiten kann, aber partout nicht will, soll deutlich weniger Sozialhilfe kriegen. Mit dem eingesparten Geld kann der Staat dann Jobs im Niedriglohnbereich bezuschussen. Wer trotzdem keine Arbeit findet, wird vom Staat direkt beschäftigt und auf dem Niveau der bisherigen Sozialhilfe bezahlt. Am Schluss sind alle froh. Die Arbeitslosigkeit sinkt, die öffentlichen Kassen werden um 6,2 Milliarden Euro im Jahr entlastet, 2,3 Millionen gering Qualifizierte finden endlich eine Beschäftigung und das „subventionierte Nichtstun“ hat ein Ende.

Das zumindest ist die Vision von Hans-Werner Sinn, dem Chef des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung. „Aktivierende Sozialhilfe“ nennt er sein Modell, das er gestern vor der Bundespressekonferenz in Berlin erläuterte. „Wir brauchen eine neue Philosophie“, forderte der Hardliner unter den deutschen Wirtschaftsexperten, „die an Erfahrungen des Auslands anknüpft, insbesondere aus den USA.“ Was Sinn vorschwebt, ist eine radikale Reform des „hoffnungslos ineffizienten“ deutschen Sozialstaats, die laut seinen Berechnungen allen nützt. Wirklich allen? Wohl kaum. Denn Sinns Modell würde nur funktionieren, wenn neben der Sozialhilfe auch bei den Arbeitern gekürzt wird – und zwar erheblich: „Der niedrigste Lohn im Niedriglohnbereich wird um 33 Prozent sinken“, räumt der Wirtschaftsforscher ein. Widerstand der Gewerkschaften ist also vorprogrammiert und auch Sinn weiß, „dass keine Partei unsere Vorschläge voll übernehmen wird“. LKW

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