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Außenpolitik im Universum

Solidarische Raumschiffbesatzungen, kugelförmige Roboter und Sexualdemokratie an Bord: Das B-Movie zeigt in seiner Reihe mit Science-Fiction-Filmen aus sozialistischer Produktion in dieser Woche „Der schweigende Stern“

Wie soll der sozialistische Mensch in der Zukunft handeln? Ist das Leben in den Weiten des Weltraums gerecht? Fragen, mit denen sich auch die ostdeutsche DEFA beschäftigte. Zwischen 1960 und 1980 realisierte man im Studio Babelsberg in den „Kosmos-Filmen“ eine Reihe utopischer Filme, von denen nun einige in der B-Movie-Kino-Reihe „Die Erde dreht sich linksherum“ zu sehen sind.

Der phantastische Film gab auch im real existierenden Sozialismus die Bühne für verfremdete Darstellungen moralischer Grundprobleme. Ging es in den Klassikern aus Hollywood aber meist um die vermeintliche Bedrohung durch das Fremde und –auf einer tieferen Bedeutungsebene – um die latente sexuelle Gefahr für das Ich durch das Es, widmet sich die DDR-SciFi der Verständigung der Völker und propagierte eine wissenschaftlich-ethische Weltsicht, auch jenseits westlicher Prüderie.

Die deutsch-polnische Produktion Der schweigende Stern (1960) ist diesen Maximen verpflichtet und kann auch als Kommentar zur atomaren Aufrüstung der Supermächte im Kalten Krieg gelesen werden. Eine internationale Besatzung fliegt mit dem Raumschiff „Kosmokrator 1“ zur Venus. Vom afrikanischen Fernmeldetechniker bis zur japanischen Ärztin – die Besatzung entspricht ganz dem politischen Weltbild und wirkt in ihrer Erscheinung doch modern. Man vertreibt sich die Zeit mit Schachspielen gegen Omega, einen Roboter, der verdächtig nach Kugel aussieht. Der Flug zur Venus ist notwendig geworden, weil radioaktive Gesteinsbrocken von dort auf die Erde regnen und von einem drohenden nuklearen Angriff verkünden. Die Besatzung der „Kosmokrator“ versucht nun unter Einsatz ihres Lebens herauszufinden, wodurch die Strahlung auf der Venus ausgelöst wird. Zu den Klängen von Sun-Ra-haftem polnischen Synthesizerjazz durchkämmen die Besucher den Planeten: eine unwirkliche Landschaft, halb Perry Rhodan-Coverzeichnung, halb Hieronymus-Bosch-Pappmaché-Nachempfindung, tut sich auf. Die Vorlage bildeten wohl Bilder aus Hiroshima. „Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass unsere Erde eine blühende Erde bleibt“, sagt die japanische Ärztin kämpferisch, bevor sie beinahe von glühender Lava verschluckt wird, aber ihre Rettung wird mit rückwärts laufenden Filmbildern trickreich dargestellt.

„Brüderlichkeit? Welch‘ törichter Gedanke! Für mich gibt es nur ein Gesetz – die Macht.“ Ronk ist der skrupellose Herrscher auf dem Planeten Tem-4. Er befehligt eine Armee, die das Volk der Turi als Sklaven hält. Die Besatzung des Raumschiffs „Cynro“ ist alarmiert. Im Staub der Sterne war 1976 ein Kassenschlager. Dem Publikum gefiel die Mischung aus idealtypischem sozialistischen Raumschiff-Alltag und dem Aufstand der Unterdrückten gegen ihre Unterdrücker. Dem Wettrüsten mit dem Technologie-Overkill des Klassenfeinds Hollywood begegnet die DEFA durch solide Schauspieler des Brecht-Ensembles und Außenaufnahmen, die in rumänischen Braunkohlerevieren gedreht wurden.

An Bord der „Cynro“ herrscht Gleichstellung: Eine Frau ist die Kommandantin und die gemischtgeschlechtlichen Kosmonauten leben nach Feierabend in einer Art Sexualdemokratie zusammen. Im Ostblock rangierten Kosmonauten ohnehin im Status von Popstars. Die phantasievollen Uniformen der „Cynro“-Besatzung erinnern an die Beatles während ihrer Sgt. Pepper-Phase. In der sozialistischen Version von „Give Peace a Chance“ gondelt die freigeistige Weltraumpolizei der DEFA-Kosmonauten auf großer Friedensfahrt durchs Universum. Der Weg in die Zukunft sollte solidarisch sein. Die Kosmos-Filme zeigen, trotz allem unfreiwilligen ideologischen Trash gibt es im All Raum für Utopien. Julian Weber

Der Schweigende Stern: Do 20.30; Sa 20.30 + 22.30, So 20.30 Uhr; Signale: 23.5., 20.30 Uhr, 25.5., 20.30 + 22.30 Uhr, 26.5., 20.30 Uhr, Im Staub der Sterne: 30.5., 20.30 Uhr, 1.6., 20.30 + 22.30 Uhr, 2.6., 20.30 Uhr, B-Movie

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