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Mysteriöse Meuterei im Osten Kongos

Tote bei Kämpfen in Kongos größter Rebellenstadt Kisangani. War es eine Meuterei oder ein Angriff von außen?

BERLIN taz ■ Die Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), die mit Unterstützung Ruandas den Osten der Demokratischen Republik Kongo kontrolliert, gerät unter zunehmenden Druck. Gestern blieb die Lage in der größten von der RCD beherrschten Stadt Kisangani gespannt, nachdem am Vortag eine angebliche Meuterei in den Rängen der Rebellenbewegung niedergeschlagen worden war. Am Dienstag früh war berichtet worden, eine meuternde Gruppe namens „RCD-Original“ aus unzufriedenen RCD-Soldaten habe die Kontrolle über den Rundfunksender der Stadt übernommen und Appelle zum Abzug Ruandas aus dem Kongo gesendet. Ruandische Einheiten verjagten die Meuterer wieder. Bei den stundenlangen Gefechten starben unterschiedlichen Berichten zufolge zwischen fünf und über 20 Menschen.

RCD-Sprecher Jean-Pierre Lola erklärte gestern, die Meuterei sei Teil eines Versuches der kongolesischen Regierung von Joseph Kabila gewesen, Kisangani zu erobern. Kabila habe den Aufständischen Hilfe versprochen, sollten sie den Flughafen einnehmen, erklärte die RCD unter Berufung auf Aussagen gefangener Meuterer. Sie hätten außerdem zur Jagd auf Tutsi aufgerufen.

Kongolesischen Quellen zufolge befanden sich ruandische Hutu-Milizionäre unter den Meuterern. Kirchenkreise berichteten, sie seien mit Macheten unterwegs gewesen und hätten einen ruandischen Soldaten bei lebendigem Leibe auf der Straße verbrannt. Die Behörden der Stadt verhängten nach Niederschlagung des Aufstands eine Ausgangssperre und nahmen zahlreiche Verhaftungen vor. Zu den Festgenommenen zählt der stellvertretende Polizeichef.

Kisangani ist von der RCD als Sitz der geplanten Gegenregierung des Kongo auserkoren worden, die die Rebellen zusammen mit mehreren großen zivilen politischen Parteien des Landes gründen wollen, um die Konsequenz aus dem Scheitern des „innerkongolesischen Dialogs“ in Südafrika im April zu ziehen. Dort hatte die Regierung Kabila ein Separatabkommen mit der von Uganda unterstützten Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) geschlossen, die den Norden des Landes kontrolliert.

Die Vorfälle in Kisangani machen es unwahrscheinlich, dass die RCD jemals der Forderung der UNO nach einer Entmilitarisierung der Stadt nachkommt. Im Gegenteil: Nach ugandischen Berichten beginnen ruandische Truppen, von Kisangani aus nach Norden in einst von Uganda kontrollierte Regionen des Kongo vorzudringen.

Ruanda und die RCD sehen sich seit dem Schwenk Ugandas und der MLC hin zu Kabila im Kongo militärisch isoliert. Ruandas UN-Botschafter Anastase Gasana sagte am Dienstag vor dem UN-Sicherheitsrat, die Regierung Kabila und die sie unterstützende Regierung Simbabwes hätten gedroht, Luftangriffe auf Ruanda zu fliegen. Dies sei nur über ostkongolesische Flughäfen wie eben den von Kisangani möglich. DOMINIC JOHNSON

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