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Knast für Vermummte

Das österreichische Parlament will kommende Woche ein Vermummungsverbot für Demonstranten beschließen. Anlass sind die Krawalle vom vergangenen April

WIEN taz ■ Ein Vermummungsverbot bei Demonstrationen soll demnächst im österreichischen Nationalrat beschlossen werden. Darauf einigten sich am Dienstag die Fraktionschefs der Regierungsparteien. Vorher werden noch Experten gehört. Eine Einigung mit der Opposition strebt FPÖ-Fraktionschef Peter Westenthaler nicht mehr an. Er wolle kein Gesetz „das zahnlos ist und in Wirklichkeit nichts bewirkt“.

Anlass für die Gesetzesinitiative waren die Krawalle rund um die Wehrmachtsausstellung am 13. April. Linke, teils vermummte Demonstranten hatten gegen einen Aufmarsch von Neonazis demonstriert. Mit der Polizei, die beide Gruppen getrennt zu halten versuchte, war es zu Zusammenstößen gekommen. Einzelne Demonstranten hatten Polizisten mit Steinen und Latten attackiert. Vier Tage später lag dem Innenminister ein Entschließungsantrag vor, er möge ein Vermummungsverbot prüfen. Peter Westentahler wünschte sich unbedingt Gefängnisstrafen für Demonstranten, die ihr Gesicht verhüllen: „Allein die Vermummung ist schon eine Form der Gewalt.“ Die christdemokratische ÖVP schloss sich dem Wunsch prinzipiell an, wollte aber erst die Vereinbarkeit mit den rechtsstaatlichen Prinzipien prüfen. Zudem hätte sie gerne die Opposition ins Boot geholt.

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim verwies auf die Erfahrungen in Deutschland, wo in zwölf Jahren Vermummungsverbot kein einziges Mal gegen Gruppen von Maskierten bei Demonstrationen vorgegangen worden sei. Die deutsche Polizei setze auf Deeskalierung. Um gegen gewalttätige Manifestanten vorzugehen, brauche man kein Vermummungsverbot.

Bei den Grünen löste die Frage grundsätzliche Diskussionen aus. Wie könne man das Recht auf freie Meinungsäußerung wahren, aber gleichzeitig den Missbrauch dieses Rechts durch gewaltbereite Schläger verhindern? Parteichef Alexander Van der Bellen erklärte, er könne sich so etwas vorstellen. Allerdings sollte der Staatspolizei im Gegenzug verboten werden, friedliche Demonstrationen zu filmen und alle Polizisten müssten durch Namensschilder oder offen getragene Dienstnummern identifizierbar sein.

Die Version, die am 22. Mai dem Nationalrat vorgelegt wird, dürfte eine Kombination von Verwaltungsstrafen und strafrechtlichen Sanktionen vorsehen. Der Polizei wird ein großer Ermessensspielraum eingeräumt, der ihr das Einschreiten erlaubt, aber sie nicht dazu verpflichtet.

Um Fragen der Rechtsstaatlichkeit versus Sicherheitsbedürfnis geht es auch bei einer kuriosen „Bürgerwehr“, die am Montag in Graz ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Ein von der Stadt-FPÖ gesponserter Verein patrouilliert vor Schulen und in Parks, um Dealer aufzuspüren und Vandalen zu verfolgen. Angeblich hätten Eltern von Schülern eines gemischtsprachigen Gymnasiums die Partei um Hilfe gebeten. Eine Sprecherin des Elternvereins weiß davon nichts: „Bei uns gibt es Kinder aus 26 Staaten. Wir lassen uns aber von der FPÖ nicht anhängen, dass wir deswegen eine besonders drogengefährdete Schule sind.“

Obwohl die Drogenfahnder einzig mit Handys und Videokameras bewaffnet sind, stießen sie auf wenig Gegenliebe. Kein Schüler habe in oder vor der Schule Drogengeschäfte beobachtet. Man fühle sich bespitzelt, erklärte Schulsprecher Klaus Friedrich. „Wir brauchen keine Reserve-Polizisten, keine Reserve-Rambos und schon gar keine Reserve-Sheriffs“, gab ein verärgerter Innenminister Ernst Strasser zu Protokoll. Die Bürgerschützer, angeführt vom Bundesheer-Oberst Helge Endres, Mitglied der Kameradschaft IV, eines Vereins von ehemaligen SS- und Wehrmachtsangehörigen, wollen sich nicht beirren lassen. Auch in Bayern hätten sich private Ordnungstrupps bewährt. RALF LEONHARD

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