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Tiefgründiges Hamburg

Der Senat nutzt den Verzicht auf einen Tiefwasserhafen, um die Elbvertiefung mit aller Macht durchzupauken. Altenwerder soll gegen die Konkurrenz Wilhelmshaven hochgerüstet werden. Auch Moorburg ist fest eingeplant

von PETER AHRENS

Draußen vorm Rathaus stehen zwei Neuenfelderinnen mit einer schwarzen Fahne und halten eine Mahnwache für ihr von der Zerstörung durch das Airbus-Werk bedrohtes Dorf ab. Wirtschaftssenator Gunnar Uldall drinnen im Rathaus bekommt das nicht mit: Er hat sich für das nächste Großprojekt in die Bresche zu werfen. Eine weitere Stufe der Elbvertiefung steht ins Haus, und Uldall nutzt den Abschied vom Projekt Tiefwasserhafen, um das Ausbaggern des Flusses für Schiffe mit einem Tiefgang von 14,50 Metern zu propagieren. Bislang ist erst ein Antrag Hamburgs an den Bund gestellt, doch der CDU-Senator ist bereits überzeugt, dass vertieft wird: „Die Lebenserfahrung zeigt, dass sich sinnvolle Projekte am Ende immer durchsetzen.“

Für Hamburg habe die Vertiefung „oberste Priorität“, so Uldall, um den Hafen in Altenwerder gegen eine mögliche Konkurrenz in Wilhelmshaven – wo die Nachbarn Niedersachsen und Bremen jetzt ohne Hamburg ihren Tiefwasserhafen bauen wollen – aufzurüsten. „Wir werden alle Kräfte und Mittel darauf verwenden, den Hamburger Hafen zu stärken“, sagt Uldall und bezieht dabei ausdrücklich auch Moorburg in eine Erweiterung des Containerhafens mit ein. Das Dorf genießt zurzeit noch Bestandsschutz, doch wenn es nach dem Wirtschaftssenator geht, droht ihm dasselbe Schicksal wie einst Altenwerder.

Die Zustimmung Niedersachsens zur Elbvertiefung hatte sich der rot-grüne Vorgängersenat vor einem Jahr dadurch erkauft, dass er den von Hannover gewünschten Standort Wilhelmshaven für ein Tiefseehafen-Projekt akzeptiert hatte. Ob Niedersachsen nach dem Ausstieg Hamburgs aus dem Hafen-Projekt jedoch noch Interesse hat, die Konkurrenz Altenwerder durch eine Vertiefung aufzuwerten und damit dem eigenen ehrgeizigen Image-Projekt Wilhelmshaven zu schaden, ist nun völlig zweifelhaft. Nur für Uldall nicht: „Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass Niedersachsen die Entwicklung des Hamburger Hafens bremsen wird“, schließlich arbeiteten auch viele Niedersachsen im Hamburger Hafen. Demnächst gebe es ein Treffen mit seiner Hannoveraner Amtskollegin Susanne Knorre (parteilos), bei der er die „gegenseitigen unterschiedlichen Interessenslagen“ erörtern wolle.

In längstens sechs Jahren will Uldall die Elbvertiefung durchgezogen haben. Die Umweltverbände und die Grünen in den norddeutschen Ländern haben allerdings schon Widerstand und den Gang vor die Gerichte angekündigt. Weder sind die ökologischen Auswirkungen der vergangenen Ausbaggerung erforscht noch die vereinbarten Ausgleichsmaßnahmen zugunsten der Umwelt umgesetzt. Der Senat schlage, sagt BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch, „den Sargnagel für die Unterelbe“.

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