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post aus tallinnCorinnas Ruf

Flagge zeigen

Empfang beim Bürgermeister im Konzerthaus, Corinna May muss dabei sein. Journalisten und Fotografen aus 29 Ländern – das darf nicht vernachlässigt werden. Eine kleine Erwähnung in einer schwedischen Zeitung, ein Hinweis auf die schiere Existenz der Bremerin auf einer belgischen Zeitungsseite: Das ist wichtig, weil ja am Sonnabend die Zuschauer mit Telefonanrufen entscheiden, wer gewinnt (und wer verliert).

Besser noch wären kleine Spektakel, ein Skandal, aber Corinna will nicht. Auch die Chorsängerinnen weigern sich – da halfen selbst die Überredungskünste eines Bild-Reporters nicht. Nein. Nein. Nein. Immerhin: Eine von ihnen wird sich in eine schwarzrotgoldene Flagge einwickeln lassen – aber kriegt man damit eine Woche Berichterstattung geregelt? Die Boulevardreporter, mit anderen Worten, sind verzweifelt.

Am besten haben es noch die Spanier. Deren Kandidatin heißt Rosa, wurde in einem halbjährigen Performancemarathon nach dem bekannten „Pop Star“-Prinzip ausgewählt – und ist deshalb die Königin. Ein nettes Mädchen. Immer für einen flotten Gossenspruch zu haben („Scheiße kalt hier“), nie um irgendetwas verlegen („geile Farben auf der Bühne“) – eine Rockerin, die sich ihres Aschenputtel-Appeals gewiss ist.

Das ist sehr down to earth in dieser Szene, deren Stars sonst oft so tun, als wäre der Grand Prix Eurovision erst der Auftakt ihrer Karrieren – anstatt ihn als Zenit zu nehmen. Corinna jedenfalls hat nach ihrer ersten Probe erfahren, dass alles gut ist: Die Fans klatschten frenetisch und prophezeiten, Deutschland habe mit ihr eine zweite Siegerin. Das Wetter, by the way, neigt sich in Tallinn frühsommerlichen Werten zu: 22 Grad bei böigen Winden. Es gibt keinen Raum für Ausreden für was auch immer. JAF

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