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Pommes und Modersohn

■ Obacht, Kunst: Barkenhoff-Stipendiatin Birgit Ramsauer startet Performance-Reihe

Sie sollen wieder schwitzen, ächzen und kämpfen. Künstler wird man schließlich nicht freiwillig. Den Herrgott sollen sie anrufen, nicht wegen Seelenheil im Jenseits, sondern wegen Inspiration im Diesseits. Eine spirituelle Macht muss her. Und nicht Busladungen voll von Touristen, die sich zwischen Eis, Pommes und Modersohn durchs Künstlerdorf schieben, um dann zu sagen: „Schönes, altes, legendäres Worpswede. Nur ein bisschen teuer.“

„Worpswede ist heute vor allem ein Konstrukt in den Köpfen der Besucher. Die machen Bustouren mit und haben eine heilige Kuh im Hirn, die sie dann auch unbedingt finden wollen.“ Festgestellt hat das die Nürnberger (Performance-) Künstlerin Birgit Ramsauer, die derzeit als Stipendiatin der Künstlerhäuser Worpswede vor Ort lebt und arbeitet. Also, hat sie sich gedacht, begegnet sie den Wallfahrten nach Worpswede mit einer Künstlerwallfahrt aus Worpswede heraus. Am Samstag, dem 1. Juni, wird sie ab 16 Uhr auf Knien zwischen den Touristen vom Alten Rathaus weg die Bergstraße hinaufrutschen, bis zur Stammkneipe der Stipendiaten. Ihre Wallfahrt nimmt sie mit einer Videokamera auf, die sie am Körper anbringt.

„Künstlerwallfahrt“ ist die bissigste von insgesamt sechs Aktionen, die Ramsauer unter der Überschrift „Janz weit drinnen, janz weit draußen“ startet. Das Ziel des Projekts ist der Brückenschlag zwischen Bremen und Worpswede: Ramsauer reagiert – größtenteils in Form von Performances – auf den Worpsweder Alltag und stellt ihre Werke beziehungsweise die Performance-Dokumentationen in der Städtischen Galerie aus.

Beim Moorexpress wunderte sich Ramsauer über den „bequemen Tourismus“. Und darüber, dass Leute mit dem Zug zum Fahrradfahren fahren. Ramsauer wird am Samstag, 25. Mai, ein Trimmrad im Moorexpress installieren und in Fitnessausrüstung in Fahrtrichtung treten. Wieder ist eine Videokamera zugegen, die Aufnahmen sind dann in der Städtischen Galerie zu sehen – von einem Trimmrad aus.

Thema „bequemer Tourismus“ auch auf dem Rathausplatz: In Anlehnung an die „Picture Points“, die in den USA die besten Standpunkte für Touri-Fotos markieren, wird Ramsauer einen „Bremen Painting Point“ vor der Rathausfassade einrichten – eine Staffelei zum Abzeichnen der Milka-Plane (22. Juni, 12-16 Uhr). Auch einen „Worpswede Painting Point“ wird es geben, wenn am 8. Juni die Ausstellung „unhaltbar“ eröffnet wird – eine Ausstellungseröffnung, die ürigens Bundeskanzler Gerhard Schröder übernehmen wird und zwar per Anpfiff eines Fußballspiels zwischen Künstlern und Prominenten wie Wirtschaftssenator Josef Hattig (die taz wird berichten).

Am heutigen Freitag (10-16 Uhr) stellt Ramsauer ein Rasenstück in die Kunsthalle, umgeben von acht Ministaffeleien mit Polaroidbildern, die wiederum das Rasenstück zeigen – allerdings verfremdet, Ramsauer hat den chemischen Entwicklungsprozess der Polaroids unterbrochen. Erinnern möchte sie damit an jene Tage, in denen „Malschüler eine einsame Idylle in größeren Gruppen“ malen mussten.

Und immer dabei, quasi als Logo: Eine Begrenzungslinie um die Kunst herum, ein grünes Gaffertape, grün wie Worpswede. Ein „Obacht, Kunst!“-Signal einerseits, andererseits auch das Versprechen, alles wieder abzubauen und ohne Spuren verschwinden zu lassen. Ramsauer möchte nichts kaputt machen, möchte nur mal kurz ein bisschen reagieren, sich einbringen, ohne dabei etwas von sich selbst zu verraten. Für ein paar Stunden einen Kunst-Spiegel vorhalten, der „Spaß machen soll“ – das ist nett und harmlos. Und passt schon wieder zu Worpswede.

Klaus Irler

Ausstellungseröffnung: Heute, 19 Uhr in der Städtischen Galerie

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