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Projekt 18: die ersten Meter

■ FDP-Politiker Jürgen W. Möllemann badet in der Sympathie der Bremer

Mittags hatte er noch in Düsseldorf die salomonische Lösung im Streit um den mit anitisemitischen Äußerungen aufgefallenen NRW-Landtagsabgeordneten Jamal Karsli verkündet, der die FDP zu spalten drohte. Am Abend bereiteten die Bremer ihm einen herzlichen Empfang. Und dafür war nicht in erster Linie die FDP verantwortlich. Die Partei stand sogar eher im Hintergrund. Bei ihrem Hearing zur Gesundheitspolitik prangte die riesige „18“ gelb auf blauem Grund, die Buchstaben mit den drei Punkten bescheiden in der Ecke – und der Schriftzug „Die Liberalen“ kaum zu entziffern. Der Star des Abends kam auch nur kurz dazu, seine Liberalisierungspläne für den Fall zu skizzieren, dass er Gesundheitsminister werden sollte. Danach mussten die Parteifreunde ohne ihn weiterdiskutieren.

Möllemann hatte Wichtigeres vor, zieht es ihn doch eigentlich in die Außenpolitik: Fast 500 Menschen harren im Hanse-Saal des Congress-Centrums der Worte, die der Vorsitzende der Deutsch-Arabischen Gesellschaft sich zum Nahost-Konflikt zurechtgelegt hatte. „Ich wusste schon immer, dass Jürgen Möllemann ein PR-Genie ist“, spielt Mit-Gastgeber und Ex-FDP-Landeschef Horst-Jürgen Lahmann vom Deutsch-Arabischen Verein Bremen launig auf die Kontroverse der letzten Tage an. „Zoff zieht eben Leute an, Danke Herr Möllemann!“ Inhaltlich springt er seinem Gast schon mal vorab zur Seite: „So sehr ich Ignaz Bubis geachtet und geschätzt habe – so sehr geht mir sein arroganter Stellvertreter auf die Nerven.“ Die Veranstaltung sei allerdings schon seit zwei Jahren geplant gewesen.

Da verwundert es wenig, dass Möllemann zunächst mit ollen Kamellen aufwartet: Seinen vor einem Jahr, vor der zweiten Intifada, publizierten Vorschlag von einer Nahost-Friedensnordnung in Anlehnung an die KSZE, breitet der FDP-Vize nochmals aus – ohne sich freilich in den Details der Machbarkeit zu verlieren. Allerdings, so Möllemann, müsse die arabische Welt sich in solch einem Prozess einig präsentieren – mangels geeigneter „politischer Führer“ sei ein einheitliches Arabien „eine schöne Chimäre“. Da gibt es zum ersten Mal lang anhaltenden Applaus.

Aber so richtig Stimmung kommt eigentlich erst auf, als die Sprache auf Israel kommt. Da erweist sich Möllemann als Meister der subtilen Anspielung: „Wenn wir uns glaubhaft für das Existenzrecht Israels einsetzen wollen, müssen wir von der israelischen Regierung verlangen, dass sie das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes anerkennt – dazu gehört auch ein eigener Staat“, stellt er Bedingungen. Aus den folgenden Doppeldeutigkeiten kann sich jeder herauspicken, was ihm gefällt: „Den Palästinensern die Verteidigung ihres Landes – mit welchen Mitteln auch immer – abzusprechen, ist nicht legitim.“ (Applaus) „Eine Bombe in einem vollbesetzten Café zu zünden, ist auch nicht legitim.“ (Applaus) „Ebensowenig, wie ein Wohnhaus mit Panzern zu zerstören.“ (Applaus)

Was also tun? EU-Sanktionen gegen Israel könnten helfen, findet Möllemann. Und die palästinensische Infrastruktur, die mit deutschem Steuergeld finanziert wurde, solle jetzt aus jenen Mitteln wieder aufgebaut werden, die sonst als Entwicklungshilfe an Israel geflossen wären. Das Publikum ist begeistert von derart biblischer Konsequenz. Einer tritt ans Mikrofon und will „auch die Frage der deutschen Entschädigungen an Israel endlich eingestellt“ wissen. „Zurückfordern“ raunt es aus den hinteren Reihen. Die einzige Frau, die sich an diesem Abend zu Wort meldet, beklagt das Ungleichgewicht zu Gunsten Israels in den deutschen Medien: „Das müssen wir bekämpfen.“ Kein Widerspruch. Jürgen W. macht sich die Presseschelte zu eigen: „Sie müssen ja zum Beispiel nicht die Zeitungen lesen, die dies Ungleichgewicht in ihrem Redaktionsstatut festgeschrieben haben“, spielt er auf das Vermächtnis des Axel Cäsar Springer an.

Auch zehn Möllemann-Kritiker sind gekommen, warten brav ab, bis sie drankommen. Aber der allgemeine Tenor ist: Danke, Herr Möllemann, dass sie sich so für „unsere“ Sache einsetzen. „Diese einfache Wahrheit führt zu vielen Stimmen für die FDP“, ist sich ein deutscher Muslim sicher, und fordert „mehr Möllemänner in der FDP“. Ein anderer formuliert schlicht: „Was Herr Möllemann macht, das ist für mich Demokratie.“ Am Schluss stehende Ovationen. Ein Schritt Richtung 18 Prozent wäre geschafft. Jan Kahlcke

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