: „Wir nutzen unseren Einfluss“
Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul zog Bilanz ihrer Politik. Experten kritisieren, dass sie ihre guten Ansätze nicht bei Finanzminister Eichel durchsetzt
BERLIN taz ■ Am Anfang standen hohe Erwartungen an eine rot-grüne Entwicklungspolitik. Doch dann kam Finanzminister Hans Eichel. Der kürzte 1999 den Entwicklungshaushalt um gut acht Prozent. Es folgten zwei Jahre Schadensbegrenzung – und der elfte September. Plötzlich wurde die Entwicklungspolitik wieder wichtig. So lässt sich die Politik der SPD-Politikerin Heidemarie Wieczorek-Zeul zusammenfassen, die dem Entiwcklungsministerium (BMZ) vorsteht.
Sie selbst zog gestern in Berlin Bilanz: Entwicklungspolitik habe unter Rot-Grün einen neuen Stellenwert erhalten, in Deutschland wie auf internationaler Ebene. „Wir haben erreicht, dass die Entwicklungspolitik zur nichtmilitärischen Sicherheitspolitik gehört“, sagte die Ministerin. Und: „Wir nutzen unseren Einfluss in Organisationen wie der Weltbank, die für meinen Vorgänger nur eine lästige Finanzierungsverpflichtung war.“
Ihre Verdienste zählt Wieczorek-Zeul so auf: Den Schuldenerlass für Entwicklungsländer, den sie 1999 auf dem G-7-Gipfel in Köln durchzusetzen half. Einen Plan zur Halbierung der Armut bis 2015, den das BMZ Anfang letzten Jahres im Auftrag des Bundeskanzlers erarbeitete. Die stärkere Bekämpfung von Aids, „wo wir unsere Mittel im Vergleich zur letzten Regierung auf knapp 100 Millionen Euro verzehnfacht haben“. Die stärkere Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen, denen das BMZ eine Teilsumme beisteuert, wenn sie in entwicklungspolitisch sinnvolle Projekte investieren. 1,3 Milliarden Euro sind seit 1999 in solche Partnerschaften mit der Wirtschaft geflossen, 1,9 Milliarden haben die Unternehmen selbst aufgebracht.
Apropos Finanzierung: Im Zuge der Terroranschläge hat sich die Bundesregierung vorgenommen, ihren Beitrag zur Entwicklungshilfe von derzeit 0,27 Prozent bis 2006 auf 0,33 Prozent des Bruttosozialprodukts aufzustocken. Entwicklungsverbände monierten gestern, dass das Ziel von 0,7 Prozent Entwicklungshilfe damit noch lange nicht erreicht sei. „Insgesamt hat das BMZ zwar viele Weichen gestellt – doch die Züge fahren viel zu langsam“, fasste Walter Eberlei von der Duisburger Stiftung Entwicklung und Frieden die letzten dreieinhalb Jahre zusammen. Es reiche nicht aus, dass die Ministerin sinnvolle Studien in Auftrag gebe, beispielsweise zur Durchführbarkeit der Tobin-Steuer. „Sie muss sich dann auch beim Finanzminister dafür einsetzen, dass etwas geschieht.“
Jürgen Kaiser von der Erlassjahrkampagne, die sich für den Schuldenerlass einsetzt, gesteht Wieczorek-Zeul zu, „dass es Verbesserungen bei der Entschuldung dieser Länder gegeben hat“. Doch habe das Ministerium die finanzielle Entlastung für die hoch verschuldeten Länder von Anfang an schöngerechnet: „Jetzt zeigt sich, der finanzielle Spielraum ist nicht von Dauer. Die Gläubigerländer müssen noch mehr Geld zusammenkriegen, um weitere Schulden zu erlassen“. KATHARINA KOUFEN
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