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Unverständlich

Obwohl er nicht mehr laufen und kaum noch sprechen kann, will Johannes Paul II. weiter die Welt bereisen

PLOVDIV dpa ■ Der Papst hatte sich auf seine 96. Auslandsreise gut vorbereitet: eigens Bulgarisch gelernt, ein Treffen mit dem orthodoxen Patriarchen Maxim durchgesetzt; der Besuch in Bulgarien sollte beweisen, wie „reisefähig“ der alte Mann noch ist. Doch am Ende kam einiges anders: Seine Reden konnte er wegen seiner Probleme beim Sprechen nicht mehr halten, der Patriarch verweigerte ihm brüsk eine Umarmung. Eine italienische Zeitung zog kurz und bündig Bilanz: „Ein reisender Schatten“.

Noch vor ein paar Monaten schlug dem zähen Polen eine Woge der Zustimmung entgegen: Zwar war er gebrechlich bis hinfällig, bei längeren Veranstaltung schien er mitunter wegzudämmern. Doch denMenschen war klar: Ein alter Mann erfüllt seine Pflicht. Jetzt, bei seinem Trip nach Aserbaidschan und Bulgarien, ist auch den größten Optimisten klar geworden: Damit ist es vorbei. „Die Stimmung ist gekippt“, meinte ein Insider aus der Papstentourage.

„Man beginnt sich ernsthaft zu fragen: Warum tut der Papst sich und der Weltkirche das an?“ Als Folge der Parkinson-Krankheit ist die Sprache des 82-Jährigen kaum noch verständlich, das Flugzeug muss er über eine Hebebühne verlassen, bei Veranstaltungen wirkt er apathisch. „Mit einem Schlag werden mit dieser 96. päpstlichen Pilgerreise die Bilder aus der Erinnerung der Menschen gelöscht, die mehr als eine Generation geprägt haben“, vermerkte die römische Zeitung La Repubblica bitter.

Die Mehrheit der Deutschen, das ergab kürzlich eine Umfrage, sind gar der Meinung, mit seinem Festhalten am Amt schade der malade Papst dem Ansehen der Kirche. Mehr noch: Auch unter Katholiken sind die meisten dieser Ansicht.

In der Umgebung des Kirchenführers wird gestreut, der Papst habe mit ausgesprochenen Ärger auf die Spekulationen über einen Rücktritt reagiert. „Der Papst liest morgens Zeitung, und ihm haben diese Berichte überhaupt nicht gefallen.“

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