: Harmonie im Tiefgeschoss
Schutzbündnis Elbregion protestiert gegen Lex Airbus. Rechts-Koalition und SPD wollen das Gesetz morgen beschließen, welches Juristen für verfassungswidrig halten. Nur die GAL macht nicht mehr mit und ist deshalb an der Basis wieder gelitten
von SVEN-MICHAEL VEIT
Welch neue Harmonie. Im gleichnamigen Raum des Ratsweinkellers, im Tiefgeschoss des Rathauses, saßen sie gestern einträchtig vor der Presse: Der BUND und das Schutzbündnis für Hamburgs Elbregion, der Regenbogen – und die GAL. Der Super-Airbus A380 eint sie alle wieder, und selbst die Grün-Alternativen dürfen wieder an der Umweltbasis mitmachen, da sie nicht mehr regieren müssen. Und so durfte denn der grüne Umweltpolitiker Christian Maaß unter beifälligem Gemurmel selbst des Ex-Abgeordneten Norbert Hackbusch (Regenbogen, früher GAL) verkünden, dass seine Fraktion „geschlossen gegen die Lex Airbus stimmen wird“.
Am Donnerstagabend soll die Bürgerschaft über das „Gesetz zum Erhalt des Luftfahrtstandortes Hamburg“ beschließen. Mit diesem soll die Erweiterung des Airbus-Werks in Finkenwerder nachträglich für gemeinnützig erklärt werden. „Verfassungswidrig“, befindet Jurist Maaß, ein „Blankoscheck für Airbus“, kritisiert BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. Die parlamentarische Mehrheit für das Gesetz gilt als sicher, der Bedenkenträger aber gibt es viele auch im Regierungslager.
Drei der sechs FDP-Abgeordneten wollen nicht zustimmen, auch aus der Union dringen Gerüchte, dass sich einige Abgeordnete aus Süderelbe der Stimme enthalten würden. Damit wäre eine eigene Mehrheit der Rechts-Koalition gefährdet, nicht aber die Verabschiedung des Gesetzes. Denn die SPD wird geschlossen zustimmen, schließlich war sie es ja gewesen, welche in der vorigen Legislaturperiode die Werkserweiterung für den Riesen-Flieger durchgesetzt hat. Die GAL aber, von rot-grünen Koalitionszwängen befreit, zieht nicht mehr mit, und deshalb ist sie bei Initiativen und Verbänden auch wieder gelitten.
Denn die Lex Airbus sei „eine Entmachtung des Staates zugunsten eines Privatunternehmens“, sagt nun Maaß. Eine Gemeinnützigkeit liege allein deshalb nicht vor, weil Airbus sich weigert, Arbeitsplatzgarantien abzugeben. War früher von bis zu 4000 zusätzlichen Jobs durch den A380 die Rede, so spricht der Gesetzentwurf nunmehr nur noch vom „Erhalt bestehender Arbeitsplätze“. Zudem gehe es nicht um einen öffentlichen Flughafen, sondern um einen privatnützigen Sonderlandeplatz – juristisch ein grundsätzlicher Unterschied. Zwei renommierte Verwaltungsrechtler sind kürzlich zum selben Schluss gekommen. Das Gesetz sei „das Papier nicht wert, auf dem es steht“, so das vernichtende Urteil des Hamburger Professors Hans-Joachim Koch.
Auf erbitterten Widerstand stoßen auch die neuen Pläne von Airbus, die Werkspiste nochmals zu verlängern, auf knapp 3300 Meter, bis in das südlich angrenzende Obstdorf Neuenfelde hinein. Dieses müsste zum großen Teil planiert und die Bewohner vertreiben werden – nur die Kirche, so die Planungen, dürfte wohl stehen bleiben (siehe Seite 24).
Demo des Schutzbündnisses gegen die Lex Airbus: Morgen, Donnerstag, ab 15.30 Uhr, Ecke Reesendammbrücke und Jungfernstieg
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