: Das Geld ist da
betr.: „Die Legende vom Linksruck“ (Der DGB vertritt die Mitte, nicht die Schwachen) von Barbara Dribbusch, taz vom 28. 5. 02
Ich finde es ja sehr erfreulich, dass sich inzwischen die Arbeitgeber in Tarifverhandlungen, der Bundeswirtschaftsminister in Sonntagsreden und die KommentatorInnen in der taz die Sache der „wirklich Schwachen“ zu Eigen machen. Und inzwischen auch an die „Besitzstände“ der Mittelschicht (wer oder was ist das eigentlich???) heranwollen.
Ist der Briefträger mit 8,60 Euro in der Stunde bei offenem Schichtende ohne Überzeitbezahlung der Mittelschichtler? Oder die Verkäuferin bei Karstadt, die im Zweifel noch ein bisschen weniger bekommt? Es wäre sicher sinnvoll, den Intellekt nicht abzuschalten, bevor Sie die Parolen von der ach so tollen Flexibilisierung, von „Lockerungen am Arbeitsmarkt“, von denen vielleicht (so schreiben Sie selbst!) die Schwachen profitieren, einfach so gedankenlos nachplappern. Das klingt ja alles so „modern“, so reformorientiert. (Es schüttelt mich beim Lesen nur noch, weil immer Sozialabbau gemeint ist, und zwar für alle).
Selbst der DGB in der Person Schultes ist ja ein Stück auf dem Weg mitgegangen, drei Jahre Lohnzurückhaltung sollten laut Bündnis für Arbeit ja auch „vielleicht“ den Schwachen zu Arbeitsplätzen verhelfen. Ein Blick auf die Statistik sollte auch die Beratungsresistenten lehren, dass das, vorsichtig ausgedrückt, ein Irrweg war (das Wort Verarschung klingt immer so brutal). Kurzum: Ich würde mich freuen, wenn es Michael Sommer gelänge, auch mal wieder ein paar JournalistInnen klar zu machen, dass das Geld da ist, nur in die falschen Taschen fließt. Das mag vielleicht fürchterlich unmodern sein, bleibt aber dennoch wahr.
BERNHARD STIETZ-LEIPNITZ
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