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Ökolandbau oder Giftsystem

betr.: „Aufruhr im Hühnerstall“, taz vom 29. 5. 02

Es ist schon seltsam. Die BSE-Krise ist vergessen, wieder geht ein Aufschrei durch das Volk. Verseuchtes Fleisch – verseucht mit Nitrofen, einem verbotenen Gift aus der Landwirtschaft. Nun auch in Bioprodukten und vielleicht in „konventionellem“ Fleisch. Und die Union übt lautstarke Kritik an Frau Künast.

Doch wer stellt sich aktuell gegen das geplante Verbraucherinformationsgesetz? – Die Union! Wer hat jahrelang bei der tierquälerischen Massentierhaltung mit Verfütterung von Tiermehl, Antibiotika, Hormonen und anderen „Zusatzstoffen“ unter Regierungsverantwortung zugesehen? – Die Union! Daher steht es ihr wohl jetzt am wenigsten zu, Kritik zu üben an einer Ministerin, die wirklich lobenswert versucht, den Schutz der Verbraucher und der Tiere endlich über die Interessen der geldgierigen Agrarlobby zu stellen! Ist Bio jetzt falsch, nur weil es einen Skandal gab? Nein – Bio ist gerade wegen solcher Giftcocktails, die immer öfter in unserer konventionellen Nahrung enthalten sind, eine gesunde Alternative. TORSTEN JÄGER, Bodenheim

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Probleme, die der Ökolandbau durch solche Rückstände bekommt, nicht systembedingt sind. Es mag müßig sein, aber gäbe es nur Ökolandbau, so wie er in den 20er-Jahren angefangen und sich damals schon bewährt hat, dann hätten wir zumindest diese Probleme heute nicht.

Ökolandbau ist grundsätzlich ein System, das allen, die sich daran beteiligen, einen Gewinn und größeren Anteil an Souveränität ermöglicht. Dies gilt nicht nur hier in Europa, sondern in der gesamten Welt. Das Giftsystem entstammt einer Machtwirtschaft, die sich nur durch Abhängigkeiten, die sie ständig neu manifestieren muss, behaupten kann – eben reaktiv. Das heutige menschliche Miteinander braucht Möglichkeiten der Kontrolle, weil es sich dadurch eine Sicherheit verschafft – aber die Grundlage des menschlichen Miteinanders und einer Entwicklung von mehr Souveränität für jeden Einzelnen kann nur auf Vertrauen gründen. Auf dem Vertrauen, dass jeder das, was er macht, zuerst einmal so gut und so richtig machen will, wie er es eben kann. Das ist ökologisch, und dann ist Ökolandbau auch nachhaltig, gerade auch im Sozialen. MICHAEL WEILER, Kassel

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