: Putin bemüht sich um Kaschmir
Indien und Pakistan machen sich auf der Asien-Konferenz in Almaty gegenseitig für die Krise verantwortlich. Die Teilnehmer lehnen Unabhängigkeitsbewegungen in Mitgliedsstaaten ab. Die Gefechte an der Grenze gehen weiter
ALMATY afp ■ Ungeachtet internationaler Vermittlung haben sich Indien und Pakistan auf dem Asiengipfel im kasachischen Almaty gegenseitig für die eskalierende Kaschmir-Krise verantwortlich gemacht. Der Konflikt müsse entschärft werden, mahnte Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag vor getrennten Treffen mit seinem pakistanischen Kollegen Perves Muscharraf und Indiens Premier Atal Behari Vajpayee. Ein direktes Gespräch mit Muscharraf hatte Vajpayee zuvor erneut ausgeschlossen.
Obwohl sich Vajpayee und Muscharraf zum ersten Mal seit Januar wieder im selben Raum aufhielten, schwanden die Chancen auf ein gemeinsames Gespräch. Muscharraf, der am Vortag ein Treffen angeboten hatte, wollte gestern Abend bereits wieder abreisen. Pakistans Staatschef habe ihm „positive Signale“ gegeben, sagte Putin vor einem Treffen mit Vajpayee. Indiens Premier machte erneut ein Ende des „grenzüberschreitenden Terrorismus“ zur Voraussetzung für ein bilaterales Gespräch.
Zuvor hatte Militärmachthaber Muscharraf seinen Erzfeind für die Eskalation der Krise verantwortlich gemacht. Weil die indische Regierung sich weigere, den Konflikt zu lösen, zahlten „die Menschen in Südasien einen sehr hohen Preis“, sagte Muscharraf. Pakistan wolle keinen Krieg. „Wenn uns einer aufgezwungen wird, werden wir uns jedoch mit der größten Entschlossenheit verteidigen.“
UN-Generalsekretär Kofi Annan, der zu einem Besuch in Moskau eintraf, äußerte seine Hoffnung auf einen Erfolg der russischen Vermittlung in Almaty. Der Gebrauch der Atomwaffe müsse verhindert werden, sagte Annan laut Interfax. Neben Putin wollte auch Chinas Staatschef Jiang Zemin zu Einzelgesprächen mit Vajpayee und Muscharraf zusammenkommen. Auch US-Vizeaußenminister Richard Armitage wollte gestern nach Südasien aufbrechen. Er wolle „Vernunft und Logik in eine sehr schwierige Situation bringen“, sagte Armitage dem Nachrichtensender CNN. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wollte gestern zunächst nach Europa fliegen und dann nach Asien und in den Nahen Osten weiterreisen.
Die 16 Mitglieder der Konferenz über Zusammenarbeit und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien (Cica) erteilten Unabhängigkeitsbestrebungen in der Region eine klare Absage. Separatismus sei eine der größten Gefahren für die Stabilität in Asien, hieß es in der Erklärung von Almaty. Die Mitglieder „werden keine Unabhängigkeitsbewegung auf dem Territorium eines anderen Mitgliedsstaates unterstützen“, hieß es weiter. Die indische Regierung wirft Islamabad vor, muslimische Rebellen zu fördern, die für eine Abspaltung Kaschmirs kämpfen. Bei Gefechten gegen die indische Herrschaft in Kaschmir wurden seit 1989 mehr als 35.000 Menschen getötet. Bei neuen Kämpfen an der Kontrolllinie in Kaschmir wurden zwei pakistanische Zivilisten verletzt. In mehreren Bezirken seien Schusswechsel gemeldet worden, sagte ein pakistanischer Polizeibeamter in Musaffarabad. Auf pakistanischer Seite sollen seit Mitte Mai mindestens 75 Menschen ums Leben gekommen sein.
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