Förderung verleiht Flüüügel

Windkraft ist weltweit im Aufwind. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: Die Entwicklung in Deutschland wäre ohne politische Maßnahmen nicht realisierbar gewesen. Potenzial ist beträchtlich

Windkraft treibt den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch im Bundesgebiet voran wie keine Branche sonst: Allein im ersten Quartal 2002 wurden 353 Windräder mit einer Gesamtleistung von 457 Megawatt (MW) neu errichtet – eine Leistung, für deren Aufbau man in Großbritannien die gesamten letzten 20 Jahre gebraucht habe, weiß man beim Bundesverband WindEnergie (BWE) in Osnabrück. Damit etabliere sich die Windkraft immer mehr „zu einem festen Bestandteil des deutschen Energieversorgungssystems“.

Immerhin ließen sich mit den Ende März in Deutschland installierten 11.800 Windrädern (Leistung: 9.200 MW) „in einem normalen Windjahr rund 3,5 Prozent des deutschen Strombedarfs decken“, so der Präsident des Verbandes, Peter Ahmels. Während man im Vorjahr schon einen Zuwachs von 60 Prozent auf etwa 2.660 MW verzeichnete, rechnet man für das laufende Jahr mit einem weiteren Zubau von rund 3.000 MW.

Einer Studie des Deutschen Windenergie-Instituts (DWEI) zufolge entspreche dieser Zuwachs einem Umsatz der Hersteller von 2,9 Milliarden Euro. Die von der Hamburger Congress GmbH anlässlich der im Juni stattfindenden Messe „WindEnergy 2002“ in Auftrag gegebene Untersuchung sieht die Zukunft der Windenergie vor allem im Ausbau der internationalen Geschäfte. Weltweit seien 6.824 MW Windleistung neu ans Netz gegangen. Hauptwachstumsmarkt sei nach wie vor Europa (4.527 MW), gefolgt von den USA (1.635 MW) und Asien (551 MW). Derzeit gingen „rund 77 Prozent der Weltmarktleistung auf Deutschland, die USA und Spanien zurück“.

Die WindEnergy-Studie 2002 prognostiziert als Langzeitentwicklung, dass bis zum Jahr 2005 europaweit 42.000 Megawatt Windenergieleistung installiert seien (derzeit: 18.000 MW). Bis zum Jahr 2010 rechne man damit, dass „in Europa Anlagen mit einer Leistung von 70.000 MW Energie erzeugen“. Der Weltmarkt biete im Jahr 2005 schätzungsweise eine installierte Leistung von 60.000 MW (derzeit: 25.000 MW) und bis 2010 eine Leistung von 120.000 MW. Das entspräche der installierten Leistung von 100 Kernkraftwerken.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ermittelte jüngst, dass im vergangenen Jahr der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in der Bundesrepublik rund 36 Milliarden Kilowattstunden (kWh) betragen habe, mithin einen Anteil von 6,4 Prozent halte. Allerdings sei der Großteil von rund 20 Milliarden kWh auf die Nutzung von Wasserkraft zurückzuführen. Die Energiegewinnung daraus ließe sich indes nur noch „relativ geringfügig“ erhöhen, deshalb müsse der weitere Ausbau der Regenerativen „dementsprechend stärker von Windenergie, Biomasse, Photovoltaik und Geothermie getragen werden“.

Den Boom der letzten Jahre verdanken Hersteller, Ingenieure und Nutzer von erneuerbaren Energien auch der Politik: „Sowohl die bisherige Entwicklung als auch zielorientierte Szenarien der künftigen Nutzung erneuerbarer Energiequellen wären ohne wirksame politische Maßnahmen nicht realisierbar“, heißt es in einem DIW-Wochenbericht von Februar. Neben finanziellen Anreizen gehe es dabei auch um die Schaffung „geeigneter rechtlicher und administrativer Rahmenbedingungen sowie um die Beseitigung von Hemmnissen. Besonders das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit den Regelungen zur Mindestvergütung habe in Deutschland einen „rasanten Ausbau der Windenergienutzung bewirkt“, hebt das DIW hervor. Gleichzeitig konnten die Kosten „aufgrund der Technik- und Marktentwicklung wesentlich gesenkt werden“. Bezogen auf die Anlagenleistung lägen die Preise von Windkraftanlagen überwiegend bei 800 bis 1.200 Euro je Kilowatt. Zurzeit betragen die Kosten für Windstrom laut DIW durchschnittlich sechs bis sieben Cent pro Kilowattstunde, im Einzelfall indes weniger als vier, aber auch mehr als zehn Cent. Diese Kosten würden allerdings noch deutlich sinken, so die DIW-Prognose. „Neben realen Senkungen der Anlagenpreise dürften hierzu auch Verbesserungen bei den Betriebskosten beitragen.“

Doch sei der Betrieb von Windkraftanlagen in Deutschland längerfristig nicht ohne Förderung rentabel. Sie sei aber „eine effiziente Möglichkeit, die Emission von Treibhausgasen zu mindern“. Deshalb das Fazit der Wirtschaftsforscher: „Eine solche Förderung ist notwendig.“ Denn für die Nutzung der Windenergie „bestehen in Deutschland noch beträchtliche Potenziale“. Selbst bei einem „verhalten optimistischen“ Szenario könnten „Windkraftanlagen an Land und auf See in Deutschland im Jahre 2030 insgesamt über 100 Milliarden Kilowattstunden erzeugen“ – immerhin ein Fünftel des bisherigen Stromverbrauchs. Nicht zu vergessen: Die erneuerbaren sind ein Jobmotor. In der Windbranche arbeiten nach BWE-Angaben 35.000 Menschen.

ANDREAS LOHSE

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Wochenbericht 9/2002, www.diw.de; Bundesverband WindEnergie, www.wind-energie.de; WindEnergy 2002, vom 18.–21. Juni, Hamburg, www.windenergy-hamburg.de