: Zurück in den Konzertsaal
Das „Trio Viaggio“, die Blockflötistinnen aus Bremen, spielen am Sonntag . Dabei werden sie den traditionell schlechten Ruf ihrer Instrumente widerlegen
Im Dezember 2000 gewannen sie den Bremer Kammermusikwettbewerb, traten auf dem umbrischen Festival ,,Musica insieme Panicale“ auf, um nur zwei wichtige Ereignisse im Konzertleben des Bremer ,,Trio Viaggio“ zu nennen.
Die drei Blockflötistinnen, ehemalige Schülerinnen von Han Tol, arbeiten seit 1999 als Trio. Dabei ist ihnen ihr niederländischer Lehrer Ausweis und Garant eines hohen spielerischen und interpretatorischen Niveaus, denn auch Han Tol ist Mitglied von zwei namhaften Blockflötentrios: dem vielfach ausgezeichneten Trio ,,La Dada“ und ,,La Fontenegra“.
Tanja Peemöller, Annette John und Mareike Hug tragen wie so viele andere dazu bei, den zum Teil immer noch schlechten Ruf der Blockflöte als Kinderfrüherziehungsinstrument gründlich zu widerlegen. Die Blockflöte hat das Schicksal, fast drei Jahrhunderte aus dem Konzertleben verschwunden zu sein, die Traversflöte und seit Anfang des neunzehnten Jahrhunderts die so genannte Böhm-Flöte mit ihren egalisierenden Klappen übernahmen ihre Aufgaben. Doch im zwanzigsten Jahrhundert wurde die Blockflöte unter anderem wegen ihrer Sprachähnlichkeit wiederentdeckt, und heute gibt es eine Fülle von guter Literatur.
Genau deswegen sind die Anforderungen an die Spielerinnen enorm hoch: Sie müssen sich neben der Moderne auskennen in der Musik des Mittelalters und der Renaissance, in der es die Notation auf fünf Notenlinien noch gar nicht gab, noch keine Taktstriche und schon gar nicht Ausdruckanweisungen für die Interpretation.
Die soeben fertig gewordene CD des ,,Trio Viaggio“, deren Musik die Flötistinnen am Sonntag in einem Konzert in der Bonifatiuskirche in Findorff (um 20 Uhr) spielen werden, zeugt von dieser akribischen Forschungsarbeit: Stücke von Guillaume Dufay und John Dunstable aus dem frühen 15. Jahrhundert eröffnen die CD. Dann gibt es einen Bogen über Musik der Renaissance zum Hochbarock mit den typischen, zum Teil hochvirtuosen Verzierungstechniken: Insgesamt drei Jahrhunderte Musik und damit auch ein informativer Blick auf die Entwicklung der Musikgeschichte. Grundlage für die Auswahl war das so genannte ,,Baldwinmanuspript“, das 1600 in London erschien und in dem der Komponist John Baldwin neben Werken von sich selbst Blockflötenmusik der Zeit gesammelt und herausgegeben hat.
Die ebenso üble wie berühmte Nachrede Theodor W. Adornos aus dem Jahr 1956, der dem Instrument „nüchternen und läppischen Klang“ zu bescheinigen versuchte, ist längst widerlegt,und mit jedem Einsatz und jeder Leistung nähert man sich wieder dem Urteil der Zeit von Sylvestro Ganassi aus der Mitte des 16. Jahrhunderts: ,,Und wie der Maler die Werke der Natur mit verschiedenen Farben nachahmt, kann die Blockflöte den Ausdruck der menschlichen Stimme durch die Atemgebung und durch Schattieren des Tones mit Hilfe entsprechender Griffe imitieren“.
Ute Schalz-Laurenze
Sonntag um 20 Uhr in der St. Bonifatiuskirche in Findorff
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