: Der Beteiligungs-Quickie
Integrationsbeirat: Behörde will in der kommenden Woche das Konzept vorstellen – und auch gleich alle Mitglieder. MigrantInnen fürchten Parteienwirtschaft und fordern mehr Transparenz
Von HEIKE DIERBACH
Die Zeit wird knapp. In zwei Wochen setzt der Senat seine Ausländerbeauftragte Ursula Neumann vor die Tür – und noch immer ist der Öffentlichkeit völlig unklar, wie der an ihre Stelle tretende Integrationsbeirat aussehen soll. Deshalb plant die Sozialbehörde für die kommende Woche eine eilige Lösung: Dann soll nicht nur das Konzept für das Gremium vorgestellt werden, sondern auch gleich alle seine Mitglieder. VertreterInnen der MigrantInnen fordern aber zunächst Klarheit über die Kompetenzen des Beirates – und werfen dem Senat vor, die Sitze nach Parteibuch zu vergeben.
Der Beirat wird vermutlich, wie das entsprechende Gremium in Hessen, rund 30 Mitglieder haben. Darunter, das zumindest verrät die Behörde, sollen auch MigrantInnen sein. Gespräche mit KandidatInnen würden bereits geführt. Gefragt wurde beispielsweise der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, der Hamburger Professor Hakkι Keskin. Er wäre zwar grundsätzlich zur Mitarbeit bereit: „Aber wir müssten natürlich vorher wissen, wie der Beirat zusammengesetzt ist und welche Kompetenzen er hat.“ Vor allem die Frage, ob der Senat die Vorschläge des Gremiums ernst nimmt, müsste nach Keskins Ansicht bejaht werden, „damit eine Mitarbeit Sinn macht“.
Nicht gefragt wurde der Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, die Schura. Vorstandsmitglied Mustafa Yoldaș erstaunt das nicht: „Wir sollen abgestraft werden, weil wir gegen die Abschaffung der Ausländerbeauftragten protestiert haben.“ Yoldaș befürchtet, dass die Regierungsparteien lediglich MigrantInnen mit Parteibuch in den Beirat schicken. In der Tat hat Innensenator Ronald Schill gegenüber der Zeitung Hürriyet bereits angekündigt, er werde ein Mitglied seiner Partei für den Beirat vorschlagen, die Deutsch-Türkin Canan Münch. Yoldaș kritisiert: „Frau Münch hat nun wirklich von Integrationsarbeit null Ahnung.“
Neben der Zusammensetzung des Beirates ist die entscheidende Frage, ob dieser über einen hauptamtlichen Arbeitsstab verfügen wird. Dies hatte die FDP in der Bürgerschaftsdebatte Ende Mai gefordert – offenbar ein Resultat der bundesweiten Kritik gerade von Liberalen an der Abschaffung der Ausländerbeauftragten. Immerhin besetzt die FDP in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz selbst den Posten. Der Leiter der Dienststelle in Baden-Württemberg, Christian Storr, hat sich deshalb persönlich an die Hamburger Parteifreunde gewendet, um „Erfahrungen zu vermitteln“. Er warnt davor, den Arbeitsstab der Ausländerbeauftragten zu streichen: „Wir sehen ja täglich, wie viel zu tun ist.“ Deshalb meint der süddeutsche Liberale auch zur Abschaffung der Ausländerbeauftragten: „Es ist auf jeden Fall ein Verlust.“
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