: Irgendwie toter als früher
Monotone Beats, elektrische Klänge, aber sonst wenig Höhepunkte in einem beeindruckenden Konzert der „Legendary Pink Dots“ am späten Mittwochabend in Findorffs Gruft
Die Kanne Bier muss leider draußen bleiben. Aus den Katakomben des Schlachthofs kriecht bereits ein waberndes Soundgespenst in den klammen Abendhimmel und wir wissen- er ist da: Edward Ka-Spel! „Legendary“ heißen die „Pink Dots“ übrigens seit zweiundzwanzig Jahren völlig zu Recht. Die Band um den niederländischen Frontmann Ka- Spel feierte ihre apokalyptischsten Erfolge in den 80ern, als die Grufties noch echte Grufties waren und die Farbe Schwarz die Szene regierte. Sollten wir wieder so weit sein? Scheißegal, Edward der Magier der Finsternis beeindruckt durch seinen betörenden, durchdringenden Gesang. Es sind die lang gezogenen, schrägen Silben aus einer fremden Welt, die einen in den Bann ziehen. Inhalt und Ausdruck verheißen nichts Gutes. Mit den kontrollierten Bewegungen einer trägen Tarantel zeitlupt Ka-Spel über die dunkle Bühne und paralysiert damit sein fasziniertes Publikum. Auch seine getönte Kassenbrille aus Moped-Zeiten treibt einem den kalten Schauer über den Rücken.
Sich drehende elektronische Klänge zu monotonen Beats bilden den akustischen Background zum Vorprogramm der „Legendary Pink Dots“, welches Herr Ka-Spel allein (... um Verunsicherungen vorzubeugen, sollte man so was vor Ort besser ankündigen!) bestritt. Das ging zwar in Ordnung, hätte er sich aber auch schenken können. Es erinnerte doch irgendwann an eine vertonte Dichterlesung. Dann kam leider noch ein Support zweier Typen aus Bremen „Troum“. Sphärische Elektronik-Sounds weder innovativ noch originell, gequirlte Belanglosigkeiten für die letzten breiten Gäste einer Abi-Fete.
Alles dauerte viel zu lang, und einige Pflichtbewusste gingen schon nach Hause. Gleich elf Uhr-„Pink Dots“ für Arbeitslose! Die über die Jahre häufig umformierte Truppe um Ka-Spel trat diesmal mit einem Elektronik-Frickler, einem Bläser und einem Saitenmusiker an.
Schnell noch eine Flasche Bier gekauft, Haake für einsachtzig. Korrekt! Dürfte die Flasche 1987 in der Bremer Schauburg auch gekostet haben, allerdings Mark. Damals spielten dort die L.P.Ds vor ausverkauftem Haus ein gnadenlos begnadetes Konzert. Seit 1980 haben Ka-Spel und Co zig Alben auf den internationalen Markt gebracht.
Vorgestern bewegte sich das magische Quartett auf einer musikalischen Ebene, die, obwohl ganz genial, echte Höhepunkte vermissen ließ.Auch die noch so spannendsten Soundkollagen verlangen manchmal nach ein bisschen mehr Dampf. Es dauerte eine halbe Stunde bis zum ersten Druckwechsel, welchen das Publikum spürbar registrierte und honorierte.So richtig in die Pötte kamen die Jungs erst gegen Ende des Auftritts. Ein außergewöhnlicher Hammer war eine „Kollage“ übers Töten – völlig durchgeknallt und total beängstigend. Bei der Zugabe, einem druckvollen Drum’n’Bass Stück, ging dann noch mal voll die Post ab. Weiter so? chos
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