: Pfeifen und Rasseln gegen Kitakürzungen
Rund 1.000 Eltern und Kinder protestieren gegen die rot-roten Sparpläne bei Kindertagesstätten. Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg plant derweil Schließung von Tagesgroßpflegestellen, die eine intensive Betreuung von Vorschulkids leisten
Gegen Kürzungen bei den Kindertagesstätten haben am Samstag mehr als tausend Eltern und Kinder mit Pfeifen, Rasseln und Kochtöpfen demonstriert. Der Protestmarsch vom Brandenburger Tor zum Roten Rathaus stand unter dem Motto „Kinder sind die Kraft der Zukunft“. Auf Transparenten hieß es unter anderem „Politikversagen – im Zweifelsfall an Kindern sparen“ und „Wir zahlen eure Rente – Zahlt ihr unsere Ausbildung“.
Der Vorsitzende des Landeselternausschusses Kindertagesstätten, Klaus-Dieter Hinkelmann, forderte auf der Abschlusskundgebung den Senat auf, die Kürzungen im Bildungsbereich zurückzunehmen. Zudem verlangte er eine Betreuung in den Kitas von 6 bis 18 Uhr. Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) betonte, in der Bildung der Berliner Kinder liege die Zukunft der Stadt. Deshalb dürfe an dieser Stelle nicht gespart werden.
Die Senatspläne sehen unter anderem vor, Hortgruppen zu vergrößern und Kitaleiterinnen verstärkt in die Erziehungsarbeit einzubeziehen.
Für Donnerstag haben die Gewerkschaften Ver.di und GEW die rund 15.000 Beschäftigten der städtischen Kitas zu einer befristeten Arbeitsniederlegung aufgerufen. Damit solle der Forderung nach einem Tarifvertrag für die Kitas Nachdruck verliehen werden.
Vom Rotstift bedroht sind auch die so genannten Tagesgroßpflegestellen für Kinder. Rund 300 gibt es davon in Berlin, 35 davon in Friedrichshain-Kreuzberg. Geht es nach den Plänen des Bezirks, sollen innerhalb des nächsten Jahres zehn Einrichtungen schließen.
Dabei hat sich das Konzept der altersgemischten Tagesgroßpflege in den vergangenen 30 Jahren bewährt. Diese Art der Betreuung für etwa je 10 Kinder im Vorschullalter existiert gleichberechtigt neben der Kindertagesstätte, dem Kinderladen und der Betreuung durch Tagesmütter. Hervorgegangen ist sie aus der Kinderladenbewegung Mitte der 70er-Jahre. Damals fehlte es an Betreuungsplätzen, und die Bezirke griffen dankbar auf das Angebot zurück.
Die Erzieher arbeiten quasi als Selbstständige und müssen selbst für Renten- und Krankenversicherung aufkommen. Finanziert werden die Tagesgroßpflegestellen aus bezirklichen Mitteln und Elternbeiträgen. Wegen des günstigen Personalschlüssels ist dort pädagogisch wertvolle Arbeit möglich. Viele Tagesgroßpflegestellen haben einen speziellen Schwerpunkt – etwa musikalisch oder heilpädagogisch, je nach Ausbildung der Erzieher. Kleine Gruppen bieten eine ideale Voraussetzung für individuelles, multikulturelles Lernen und Fördern.
900.000 Euro müssen im Bereich Tagespflege eingespart werden, erklärt Klaus-Harald Straub, Amtsleiter der Tagesbetreuung von Kindern im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg: „Eine Entscheidung, die uns keine Spielräume mehr lässt.“
Das sehen viele anders. Elmar Feeth, beratendes Mitglied des Jugendhilfeausschusses, hält die Pläne für „fachlich nicht begründet“. Als „Unsinn“ bezeichnet er die Absicht des Bezirks, Kinder ab fünf Jahren von der Tagesgroßpflege auszuschließen. „Da kann nicht mehr von Beziehungskontinuität die Rede sein“, erläutert Feeth. Denn die Kinder sollen bis zu Einschulung in staatlichen Kitas „zwischengelagert“ werden. Diese sind, anders als Tagesgroßpflegestellen, nicht genügend ausgelastet.
Für Uwe Klose vom Verein Tagesgroßpflegestellen in Berlin (TIB) ein deutliches Indiz dafür, dass der Bezirk die Eltern quasi zum Besuch der staatlichen Kitas zwingen will. „In den vergangenen zehn Jahren sind zu viele Kitas gebaut worden, die Unsummen an Geld verschlingen. Diese Fehlplanung sollen wir jetzt auslöffeln.“ DDP, TAZ
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