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Ein Sieg für ganz Afrika

Nach dem 2:1 der Mannschaft Senegals gegen Schweden im Achtelfinale der Fußball-Weltmeisterschaft feiern hunderttausende auf den Straßen und hoffen auf weitere Großtaten

aus Dakar HAKEEM JIMO

In Senegal ist der Löwe los. Nach dem Siegtor der „Lions de Teranga“ (Löwen der Gastfreundschaft) gegen Schweden haben die Fans im westafrikanischen Land ein spontanes Volksfest gestartet. Die Leute tanzen mit allem, was beweglich ist: Kochtöpfen, Autoreifen und natürlich männlichen und weiblichen Fans. Die Nationalfarben Senegals haben Hochkonjunktur. Ob als Haartuch, Fahne am Auto, Streifen im Ohrloch, Flagge in Geschäften oder einfach nur auf T-Shirts – überall im Land zeigen Fans die Kombination aus Rot, Gelb und Grün.

Um halb sieben senegalesischer Zeit begann das Spiel. Auch für senegalesische Fans ist das früh. Kaum einer zeigte sich in der Innenstadt. So, als sei es ein gewöhnlicher Sonntag. Die Großbildleinwand an der Stadtküstenstraße „Route de la Corniche-Est“ blieb ausgeschaltet. Die Fans schauten das Spiel entweder zu Hause, in einer Kneipe oder vor den Schaufenstern der Fernsehergeschäfte. Die Elektrohändler machen sich als inoffizielle Sponsoren der Weltmeisterschaft einen Namen.

So auch „Fils Konka“. Konka und Söhne wünschen den Schaufensterbummlern eine erfolgreiche Weltmeisterschaft. Rund sechzig Fans haben sich vor dem Geschäft an der Rue Carnot versammelt. Plastikstühle stehen vor den vergitterten Schaufenstern. Jeder hat gute Sicht auf einen der sieben Fernseher. Straßenkinder, Kellner, Putzfrauen und Tagelöhner schauen ihren Fußballhelden zu – vor allem dem Stürmer El-Hadji Diouf. In der Landessprache Wolof verwünschen die Leute den Pfostenschuss der Schweden und die vertanen Chance der Landsleute auf dem Platz. Als das Siegtor fällt, steht von einem Augenblick zum nächsten keiner mehr vor dem Fernsehergeschäft. Kurze Zeit später bevölkern im Zentrum der Hauptstadt Dakar hunderttausende den Platz der Unabhängigkeit. Andere ziehen zum Präsidentenpalast. Aber Präsident Abdoulaye Wade, der sich nach Erfolgen der Nationalmannschaft gerne wie ein Triumphator in Siegerpose zeigt, soll außerhalb des Landes sein. Das staatliche Fernsehen RTS1 sendet seit Stunden live von den Straßen, nur ab und zu unterbrochen von Musikvideos der populärsten senegalesischen Musikerinnen und Musiker. Die Fernsehbilder zeigen Szenen der Begeisterung und Ekstase. Am unteren Bildschirmrand blinkt das Motto: „Sénégal qui gagne pour l’Afrique“ – Senegal hält die Fahne Afrikas hoch.

Reporter fragen Passanten in allen Landessprachen, wie sie sich nach dem Sieg fühlen. Eine junge Frau will eine Kerze für den Herrn anzünden. Ein junger Muslim hält das Bild des Oberhauptes einer der allgegenwärtigen und mächtigen Muslimbrüderschaften hoch. Für Mohammed Sy ist der Weg zum Finale nun frei. „Beim Afrika-Cup sind wir nur Zweiter geworden. Aber jetzt gewinnen wir“, sagt der Autowäscher. Für heute lässt er das Autowaschen sein. Es würde sowieso kein Kunde mehr kommen.

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