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wahl in frankreichGraben zwischen Volk und Macht

Die vier Urnengänge der vergangenen zwei Monate in Frankreich waren die aufregendsten, die Frankreich je erlebt hat. Sie haben Gewissheiten umgestürzt. Sie haben gezeigt, dass zwischen den Technokraten an der Spitze der Macht und dem Volk ein tiefer Graben liegt. Und sie haben die Glaubwürdigkeit der Politik mächtig erschüttert.

Kommentarvon DOROTHEA HAHN

Die Chronik der Superlative und Paradoxa begann mit dem ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen, bei dem sich die vermeintlichen Favoriten schallende Ohrfeigen holten. Der Sozialdemokrat Jospin schied ganz aus. Der Neogaullist Chirac erzielte das schlechteste Ergebnis eines Präsidenten. Der Rechtsextreme Le Pen wurde zweitstärkster Politiker Frankreichs. Und die außerparlamentarischen linksradikalen Parteien bekamen mehr Stimmen als die linken Koalitionspartner der Sozialdemokraten. Was folgte, war ein massives Plebiszit für die Republik am 5. Mai. Dass Letzteres zugunsten von Chirac ausfiel, lag lediglich an der Abwesenheit jeder demokratischen Alternative.

Das Signal der gestrigen Parlamentswahl ist weniger die Wahl einer neuen Mehrheit in der Nationalversammlung als die extrem hohe Stimmenthaltung. Mit beinahe 40 Prozent stellen die Nichtwähler die größte politische Formation ihres Landes. Diese Stimmenthaltung zeigt ein Misstrauen gegen die Politiker und Zweifel an der Veränderbarkeit der Verhältnisse, wie sie in dieser Stärke in der V. Republik nie da gewesen sind.

Jetzt haben die Linken und Rechten fünf Jahre lang Zeit, sich mit den Ergebnissen der Urnengänge zu arrangieren. Die Rechten verfügen zwar über massive Mehrheiten, nicht jedoch über klare Programme. Ihre erst vor sechs Wochen per Fingerzeig aus dem Elysée-Palast gegründete Präsidentenpartei UMP hat bislang weder Mitglieder noch Statuten noch einen Vorsitzenden.

Die Linken haben erfahren müssen, dass eine sozialliberale Politik, wie die rot-rosa-grüne Regierung sie in den vergangenen fünf Jahren praktiziert hat, allenfalls den Sozialdemokraten nutzen kann. Ihren linken Koalitionspartnern – von den Kommunisten über die Grünen bis zu den Linksnationalisten – hat sie geschadet. Letztere täten gut daran, in den kommenden fünf Jahren über antikapitalistische Alternativen nachzudenken.

Die Rechtsextremen schließlich sind keineswegs tot, sondern dank des französischen Wahlrechtes nur vorübergehend außer Gefecht gesetzt. Schon bei den nächsten Urnengängen werden sie sich zurückmelden.

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