: Unbequeme Kapelle
Sympathisieren mit den Zapatisten und begeistern Hunderttausende: „Los de Abajo“ heute in der Fabrik
In Mexico City genießen sie längst Kultstatus. Dabei wurden Los de Abajo von den Plattenfirmen geschnitten – zu politisch sei die Band um Sänger Liber Terán. Ihre Stücke kursierten auf Tapes und nicht nur bei der Linken kamen sie gut an. Denn aus ihrer Sympathie für die Zapatisten machen die Musiker kein Geheimnis. Zahlreiche Benefiz-Konzerte und ein Besuch im lakandonischen Urwald bei Subcommandante Marcos sind Beleg dafür wie ihre Texte.
Los de Abajo, zu deutsch „die von unten“, nehmen kein Blatt vor den Mund: Die dubiosen Verbindungen zwischen Regierung und Drogenkartellen kommen genauso zur Sprache wie die weitverbreitete Korruption. „Wir haben uns im Kontext von Ungerechtigkeit, der Ignoranz der Armut und dem Fehlen der freien Meinungsäußerung entwickelt,“ erzählt Schlagzeuger Yocu Arrellano, „und das steht im Zentrum unserer Musik.“ Deshalb wollte sich wohl kein nationales Label an der unbequemen Band die Finger verbrennen.
Also schrieb man einen freundlichen Brief an David Byrne, legte ein Tape und ein Live-Video bei und hoffte auf Antwort.
Der Versuchsballon wurde zum Volltreffer. Dem ehemaligen Talkings Heads-Sänger und Labelchef gefiel der mexikanische Eintopf, den er zu hören bekam, und er nahm die Band unter Vertrag. Für Terán und Arellano, Keyboarder Carlos Cuevas und Gitarrist Vladimir Garnica bis heute ein kleines Wunder –und gleichzeitig die Initialzündung für Los de Abajo.
Die vier lernten sich auf der Universität kennen, wo sie allesamt Musik studierten. Vielleicht auch ein Grund, weshalb sie so unterschiedliche Genres wie Ska, Salsa, Rock, HipHop mit Cumbia, Mariachi und einer Prise Reggae kreuzten. Dieser Sound scheint, genauso wie die Texte, das Lebensgefühl einer kritisch eingestellten Großstadtjugend zu treffen: Vor 150.000 Menschen spielten Los de Abajo auf dem größten Musikfestival Mexikos und wurden gefeiert. Darauf ist die Band stolz, denn ihre Musik ist weniger für den internationalen als für den nationalen Markt geschrieben und deshalb ist der Erfolg zuhause besonders wichtig. Aber auch außerhalb der mexikanischen Metropolen funktioniert das Erlebnis, was nicht zuletzt an den Livequalitäten von Los de Abajo liegt, die heute zu überprüfen sind.
Knut Henkel
heute, 21 Uhr, Fabrik
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