: Bald blütenweiß
Die Zukunft von HipHop liegt in seiner Vergangenheit: Die US-HipHopper Ugly Duckling treten im Kesselhaus auf
Was ist HipHop? P. Diddy oder Eminem, Busta Rhymes oder Orishas? Eine Frage, die heutzutage nicht eindeutig zu beantworten ist. Das war früher anders. HipHop wurde geboren, hatte frühe Kinderkrankheiten wie spacige Bühnenkostümierungen und erhielt dann durch Run DMC und die Beastie Boys erste größere Aufmerksamkeit. Später nennt man diese Phase die Old School des HipHop.
So gesehen beantworten Ugly Duckling eher die Frage: Was war HipHop? Als überzeugte Traditionalisten gründeten sie sich Anfang der Neunziger in Long Beach, Kalifornien – in jener Stadt südlich von Los Angeles, aus der auch Warren G und Snoop Doggy Dogg kamen, die mit Dr. Dre den G-Funk erfanden. HipHop war nicht mehr derselbe, was nicht alle gut fanden. Wie Ugly Duckling. Die arbeiteten in einem Schnellrestaurant am Ausgabefenster des Drive-Through und hatten so beruflich schon ein Mikrofon in der Hand. Ihren DJ rekrutierten sie nur wenige Meter entfernt am Grill. Mit ihnen kann man nun heute noch hören, dass HipHop einmal eine einfache, aber schmissige Party-Musik war. Dass HipHop liebevoll sein kann und nicht nur kroßkotzig. Dass Rapper nicht immer nur über homophobe, sexistische und materialistische Inhalte rappen müssen. Dass in Videoclips nicht notgedrungen Titten wackeln, Tüten qualmen und Colts rauchen müssen.
Allzu viele Menschen aber haben mit Ugly Duckling noch nicht in der Vergangenheit die Gegenwart von Rap gefunden. Zu unspektakulär sind ihre ruhig dahinfließenden Tracks, die in die Beine gehen, ohne sich in modischen Beat-Schachteleien zu verlieren. In Europa sind Ugly Duckling bekannter als in den USA, wo sie vor allem in Universitätsstädtchen auftreten. So hat es fast ein Jahrzehnt für ein Debütalbum gebraucht. Aus dem hässlichen Entlein ist zwar kein schöner Schwan geworden, aber die Ausdauer hat sich ausgezahlt: Mittlerweile haben auch andere Traditionalisten wie People Under The Stairs oder Jurassic 5 mehr Erfolg. Womöglich ist die Vergangenheit von HipHop bald seine Zukunft. THOMAS WINKLER
Heute, 22 Uhr, Kesselhaus, Kulturbrauerei, Knaackstr. 97, Prenzlauer Berg
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