Ruderkurs: Rückwärts

Chefs der Senatsfraktionen kassieren Jesteburger Beschluss zur Bezirksreform wieder ein und finden das ganz normal: „Alles nur Prüfaufträge“

„Es kann niemand ernsthaft behaupten, es würde zurückgerudert.“ Das, was Schill-Fraktionschef Norbert Frühauf da sagt, klingt in puncto Glaubwürdigkeit ein bisschen wie: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen.“ Die drei Chefs der Senatsfraktionen in der Bürgerschaft haben gestern den bei der Klausurtagung in Jesteburg im Mai gefassten Beschluss einkassiert, den Bezirken die Verantwortung für Tiefbau und Grün wegzunehmen. Nun heißt es: Diese beiden Themenfelder bleiben in der Obhut der Bezirke. Die jedoch verpflichten sich, die eingeplanten vier Millionen Euro Einsparungen anderweitig zu erbringen. Damit haben die Fraktionen dem starken Unmut aus den Bezirken Rechnung getragen – schließlich machen Tiefbau und Grün einen Großteil der bezirklichen Entscheidungen aus.

Zugegeben wird dieses Einknicken allerdings nicht. Vielmehr taufen CDU-Fraktionschef Michael Freytag und seine Kollegen Frühauf und Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) die Jesteburger Sparbeschlüsse in reine „Prüfaufträge“ um. Und eine Prüfung habe nun mal ergeben, dass Tiefbau und Grün bei den Bezirken doch besser aufgehoben seien. Dass auch Parteifreunde von Freytag auf Bezirksebene gegen die Senatspläne Sturm gelaufen sind, wollen die Fraktionsvorsitzenden nicht so recht wahrhaben.

Wie die Bezirke die geforderten Einsparungen nun erreichen sollen, sei ihnen völlig selbst überlassen, machte Freytag glauben: „Wir wollen eben nicht den Eindruck erwecken, die Bezirke seien Auslaufmodelle am Gängelband der Landesregierung.“ Aber einen Vorschlag machen die drei Fraktionsspitzen trotzdem schon einmal: So müsse es nicht sein, dass es in der Stadt 56 Bauhöfe gebe. Und auch manches Amt auf Bezirksebene könne zusammengelegt werden.

Freytag ist immer noch der Ansicht, Jesteburg sei „gut vorbereitet“ gewesen. Man habe eben den „demokratischen Weg“ gewählt, die auf der Klausurtagung erhobenen Ideen zuerst der Öffentlichkeit vorzustellen, um sie dann auf ihre Machbarkeit zu überprüfen. Ob Jesteburg tatsächlich erfolgreich gewesen sei, werde sich allerdings erst am kommenden Montag erweisen. Dann tritt der Senat zu einer zweitägigen Sitzung zusammen, um über den Haushalt des kommenden Jahres zu befinden. „Das werden die Tage der Wahrheit“, droht der CDU-Fraktionsvorsitzende schon einmal an. PETER AHRENS