Der Streetballplatz als Brücke

Klaus Koopmann, Politikdozent aus Bremen, hat ein Buch geschrieben, nach dem Schüler praktisch lernen, wie Politik funktioniert, nämlich Schritt für Schritt. Dafür wird er am Montag ausgezeichnet

„Sonst sehen sie nur, wie die Politiker ein Problem lösen und ärgern sich darüber“„Damit wird gezeigt, wie wichtig kreative Strukturen in der Schule sind“

Jugendliche interessieren sich nicht für Politik. Sie sind nur auf sich selbst bezogen und engagieren sich kaum. Nur ein Vorurteil?

Viele Untersuchungen, darunter die bekannte Shell-Studie, kommen zu dem Ergebnis: Jugendliche sind sehr wohl bereit, sich zu engagieren, aber nicht aus einem allgemeinen Gefühl der Verpflichtung heraus, sondern aus Eigeninteresse.

„Wir müssen bei den konkreten Problemen der Jugendlichen ansetzen, um sie zu erreichen“, sagt Klaus Koopmann, Dozent für Politikdidaktik an der Bremer Uni und Autor des Buches „Projekt: Aktive Bürger. Sich demokratisch durchsetzen lernen“. Ziel des Handbuches für den Politikunterricht, Jugendlichen politisches Handeln praktisch nahe zu bringen: „Sonst sehen sie immer nur das Problem und wie die Politiker es lösen und ärgern sich darüber. Das, was dazwischen liegt, nämlich den Lösungsweg, den sieht niemand“.

Deshalb lernen Schüler der Mittelstufe in dem Projekt Schritt für Schritt, wie sie ein konkretes Problem in ihrer Gemeinde oder ihrer Stadt lösen können, von der Problemfindung über Lösungsansätze bis hin zur konkreten Lösung. Beispiel: Es fehlt ein Ort, an dem Jugendliche Streetball spielen können, ohne dass Anwohner sich über den Lärm beschweren.

„Wie kommen wir an einen Streetballplatz?“ Die Schüler beschäftigten sich also mit einem Problem, das sie privat interessiert. „Wenn es dann um die Lösung geht, dann merken sie aber bald, dass es auf einmal öffentlich und politisch wird“, erklärt Koopmann den Ansatz. Denn dann stießen sie bald auf die wichtigen Ansprechpartner: „Behörden und Verwaltungskram, das hätten die Jugendlichen sonst mit den Fingerspitzen nicht angefasst. Hier sehen sie, dass man mit diesen Institutionen ins Gespräch kommen muss, um etwas zu erreichen“, beschreibt Klaus Koopmann. „Erfahrungsorientiertes Lernen“ nennt er das.

Ein wichtiger Punkt ist für ihn die Auswertung des Projektes. Die Schüler erstellen zum Abschluss eine Austellung, die öffentlich präsentiert wird. „Wenn junge Leute vor einer Gemeinde ihren eigenen Plan vorstellen und von den Politikern ernst genommen werden, dann ist das durch nichts zu ersetzen“, sagt der Wissenschaftler. Er hofft, dass die Schüler auch im Anschluss an das Projekt Politik bewusster erleben: „Und wenn sie nur die Lokalzeitung lesen und die Probleme wahrnehmen, die um sie herum herrschen und sich nicht zurücklehnen und sagen, die Politiker fabrizieren ja eh nur Müll“.

Die Grundidee dieser neuen Form des Lernens kommt aus den USA. „Ich habe entdeckt, dass am „Center for Civic Education“ ein Lernprogramm existiert, das meinen Vorstellungen entspricht“, sagt der Politikdidaktiker. Über 300.000 Schüler haben dort bereits am „Projekt Citizen“, teilgenommen. In Wettbewerben auf Schul-, Bezirks-, Landes- und Bundesebene werden die besten Problemlösungen prämiert.

So stellt sich Klaus Koopmann den Einsatz in Deutschland nicht vor: „Den Wettbewerbscharakter kann man auch kritisch sehen. Mir geht es darum, viele Lehrer und Lehrerinnen zu erreichen, die sich für einen neuen didaktischen Ansatz interessieren“.

Am Montag erhält Klaus Koopmann in Potsdam für sein Buch den Ideenpreis der Hamburger Körber-Stiftung. Die Stiftung prämiert in dem Wettbewerb „USable“ Projekte, die sich mit dem Bürgerengagement in den USA beschäftigen und dessen möglichen Einsatz in Deutschland. „Damit wird gezeigt, wie wichtig kreative und phantasievolle neue Strukturen in der Schule sind“, sagt Koopmann, „gerade nach Pisa.“ plü