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„Na dann, bis zum nächsten Leben“

Mit diesem für ihn typischen sarkastischen Gruß pflegte sich Radio Bremen-Intendant Karl-Heinz Klostermeier von seinen MitarbeiterInnen zu verabschieden – auch, als er 1999 per Gesetz aus seinem Amt entlassen wurde. Jetzt ist er gestorben

Nach seinem Rausschmiss stellte er sich, ganz Preuße, kommissarisch zur Verfügung

Vor zwei Tagen ist Karl-Heinz Klostermeier nach langer schwerer Krankheit in Bremen gestorben – kurz vor seinem 66. Geburtstag.

Klostermeier, 1936 bei Hannover geboren, studierte nach einer Verwaltungslehre Kunst- und Theatergeschichte sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Sein Studium beendete er schließlich in Berlin als Diplom-Volkswirt. Die Karriere beim Öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die insgesamt 30 Jahre seines Lebens einnahm, begann beim NDR in Hamburg. Klostermeier kam 1977 als Betriebsdirektor zu Radio Bremen, 1985 übernahm er die Intendanz von Gerhard Schröder.

In seiner Amtszeit wurden – ARD-weit vorangehend – viele Arbeitsbereiche digitalisiert. Inhaltlich prägte er das Programm durch den Aufbau von Radio Bremen Vier und der Kulturwelle Bremen 2 sowie des regionalen Fernsehprogramms.

Klostermeier wurde gern als „unbeugsames Rückrat des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Bremen“ bezeichnet. Einer seiner Vorgänger im Bremer Intendanten-Amt, der spätere ARD-Programm-Direktor Hans Abich, attestierte, Klostermeier sei es gelungen, den Platz Radio Bremens „zwischen den Stühlen der Parteiinteressen“ zum Wohle des Senders auszufüllen.

Jedoch: Zum 30. April 1999 wurde er – zusammen mit den RB-Direktoren Rüdiger Hoffmann (Fernsehen), Hermann Vinke (Hörfunk) und Peter Dany (Verwaltung) – per Novellierung des Radio-Bremen-Gesetzes vorzeitig in den Ruhestand verabschiedet. Sein Vertrag wäre erst ein gutes Jahr später ausgelaufen.

Hintergrund war die Ersetzung der bisherigen Direktorial- durch eine Intendantenverfassung, mit der die Große Koalition auf den Bericht einer Radio-Bremen-internen Arbeitsgruppe reagiert hatte, die dem Sender einen „eklatanten Mangel an Autorität, Führung und Verantwortung“ bescheinigt hatte.

Eine wichtige Rolle spielten auch die unterschiedlichen Haltungen Klostermeiers und des Senats zur Frage, wie auf die drohenden Finanzeinbrüche Radio Bremens durch die radikale Kürzung des ARD-Finanzausgleichs reagiert werden müsse. Der Senat war für Kompromisslösungen zur Erhaltung der Selbstständigkeit des kleinen Senders, während Klostermeier für Beharren eintrat.

Nach dem Bürgerschaftsbeschluss zur Novellierung des Radio-Bremen-Gesetzes strengte der Sender eine Verfassungsbeschwerde an: wegen unzulässiger politischer Einflussnahme auf den Sender und dessen verbürgter „Staatsferne“ – was das Gericht zurückwies. Der Existenzkampf angesichts der ARD-Strukturreform rechtfertige als „besonders gewichtiger Grund“ die vorzeitige Beendigung von Amtsperioden. In der Folge konnte auch die entsprechende Klage der Opposition (Grüne und „Arbeit für Bremen“) gegen diesen „Putsch“ nicht vor dem Bremer Staatsgerichtshof verhandelt werden.

Statt eines primus-inter-pares-Intendanten hatte Radio Bremen damit (wie die anderen ARD-Anstalten auch) einen eigenständigen Chefposten – bloß wollte den keiner besetzen. Michael Schmid-Ospach vom WDR sagte kurzfristig ab, Klostermeier, dem viel „preußisches Pflichtgefühl“ bescheinigt wird, erklärte sich daraufhin bereit, das Amt fünf Monate kommissarisch weiterzuführen. Im September 1999 wurde Heinz Glässgen, zuvor TV-Kulturchef beim NDR, sein Nachfolger.

Henning Bleyl

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