Dachschaden auf Gefängnisinsel

In Hamburgs Jugendknast Hahnöfersand ist seit Monaten die Sporthalle defekt. Justizbehörde hat kein Geld für die Reparatur, deshalb gibt es keine sportpädagogischen Maßnahmen mehr. Fachleute befürchten, Gewalt werde dadurch angeheizt

von ELKE SPANNER

Auf Hahnöfersand wird in der „Freizeit“ ein wenig gebolzt, mehr nicht. Die Sporthalle im Jugendgefängnis ist seit Monaten geschlossen, das Dach ist kaputt, und repariert wird der Schaden nicht. „Es stehen keine Mittel dafür zur Verfügung“, sagt Kai Nitschke, Sprecher von Justizsenator Roger Kusch (CDU).

Für Nitschke ist die defekte Halle ohnehin kein Problem. Schließlich sei jetzt Sommer und Sport in einem geschlossenen Raum unattraktiv. Im Jugendgefängnis gibt es auch einen Sportplatz, und da würden die Inhaftierten auf ihre Kosten kommen. Zwölf Fußballgruppen gäbe es auf Hahnöfersand, sagt Nitschke, „die Jungs wollen Fußball spielen und sonst kaum etwas“. Im Übrigen gäbe es noch einen Kraftraum und eine Halle für Tischtennis.

Nach Ansicht der Psychologin Karin Weber vom Anstaltsbeirat ist das Sportangebot hingegen stark eingeschränkt. Denn auf den Platz dürften die Jugendlichen nur genau eine Stunde am Tag. In ihrer „Freistunde“ würden sie dort Fußball spielen. Zuvor hätte ein Sportlehrer darüber hinaus in der Halle Boxen, Mannschaftsspiele und Badminton angeboten. Jetzt aber „gibt es keine gezielten sportpädagogischen Maßnahmen mehr“.

Der Pädagoge Jörg Wolters, der bis vor rund drei Jahren in Hahnöfersand gearbeitet hat, weiß, dass der Hamburger Jugendknast bundesweit ohnehin als „pädagogische Provinz“ bekannt sei und sich durch die Unbenutzbarkeit der Sporthalle noch verschlechtert habe. Laut Gesetz hätten die Gefangenen Anspruch auf Sport, und der werde zurzeit „offenbar durch Laufen im Kreis und Kickern erfüllt“.

Der Anstaltsbeirat hatte sich in den vergangenen Monaten vehement für die Instandsetzung der Turnhalle bei der Behörde eingesetzt. Psychologin Weber erinnert daran, dass auf Hahnöfersand Jugendliche mit teils starkem Gewaltpotential einsitzen – und das werde noch angeheizt, wenn die Jungs sich nicht auspowern könnten: „Durch Sport können die Jugendlichen Aggressionen abbauen, und das ist im Moment nicht gewährleistet.“

Die Sporthalle sei immer etwas Besonderes gewesen, ergänzt zudem ein ehemaliger Mitarbeiter des Jugendknastes: Darin hätten die Gefangenen „für einen kurzen Moment das Gefühl gehabt, an einem normalen Leben teilzunehmen“. Die Zäune, die das Gefängnisgelände umgeben, sind von da aus nicht zu sehen, und „das Quietschen der Turnschuhe auf dem Boden hört sich genauso an wie in jeder Schulsporthalle“.

Was laut jenem Ex-Mitarbeiter gerade einer der Gründe sein dürfte, dass die Halle nicht instand gesetzt wird: „Dem Jugendstrafvollzug liegt eigentlich ein erzieherischer Gedanke zugrunde. Für den Hamburger Senat aber soll Strafe nur Strafe sein“.